Max Reger
Im Archiv des Max-Reger-Instituts Karlsruhe befinden sich einige wenige Dokumente, die die Namen Max Reger und Hermann Keller
(1906, 1915 und 1916) zusammen nennen.
Ich danke Frau Prof. Popp und Herrn Dr. Schaarwächter sehr herzlich für die Überlassung von Kopien.
Am 19.11.1906 konzertierte Max Reger in Göttingen. Dem Programmzettel nach (s.u.) wirkte u.a. auch ein Heinrich Keller (München) - Klavier II mit. Dr. Jürgen Schaarwächter ist der Meinung, dass es sich hierbei um Hermann Keller handelt. Er schreibt:
"...Bei dem Programm von 1906 bin ich Ottmar und Ingeborg Schreiber gefolgt, die 1981 vermutet haben. dass es sich um Hermann Keller handelte (Max Reger in seinen Konzerten - Teil 2, S. 303). Leider sind uns in der Tat ja nur zwei Postsachen zwischen MR und HK bekannt (und auch diese nur nach in Meiningen aufbewahrten Posteinlieferungsbüchern, also nur nach zwei zeilenlangen Einträgen, die lediglich mitteilen, dass es sich um eingeschriebene Postsachen handelte).
MR war durchaus zuzutrauen, seine Schüler früh zu fordern. Im Sommer 1906 können beide gut in Prien an Chiemsee das Werk gemeinsam einstudiert haben (HK besuchte das Ehepaar Reger in den Sommerferien).
Das Konzert fand somit am Vorabend des 21. Geburtstages von HK statt.
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Konzertankündigung 19.11.1906
Konzertankündigung 19.(+ 20.)11.1906
Rezension Konzert 20.11.1906
Rezension Konzert 19.11.1906 u.a.
GÖTTINGER TAGEBLATT
Freitag, den 23.November 1906
Max Reger-Abend
Die Reihe der Kammermusikabende im Hapke"schen Saale wurde am Montag mit einem Reger-Abend unter Mitwirkung des Komponisten eröffnet. Der Saal war ausverkauft. Die Erwartungen waren hochgespannt und wurden in manchen Teilen noch übertroffen durch die titanenhafte Gewalt, mit welcher der Komponist in seinen kontrapunktischen Sätzen Berge auf Berge zu türmen weiß. Solche Fugen z.B., wie die beiden zu Gehör gebrachten, sind unseres Erachtens seit Bach's Zeiten nicht geschrieben. Manchen Hörer mag die gewaltige Tonfülle etwas gar zu hart an das Ohr geflutet zu haben! Vielleicht hätte man besser getan, für solche Riesentöne einen größeren Saal zu wählen. Daß Reger ein meisterhafter Interpret seiner Werke war, braucht kaum gesagt zu werden. Auch seine beiden Partner, Keller München und Herr Walter Mundry von hier, erwiesen sich ihrer schweren Aufgabe völlig gewachsen. Frl. Otti Hey gelang es nicht, das Publikum derart hinzureißen, wie bei ihrem letzten Auftreten hier. Ob daran die Raumverhältnisse des Saales, oder eine kleine Indisposition, oder aber die Lieder selbst schuld waren, wollen wir unentschieden lassen. Immerhin erzielte die Künstlerin mit manchen Liedern, z.B. mit der "Aeolsharfe", "Waldeinsamkeit", "Des Kindes Gebet" eine tiefgehende Wirkung. Alles in Allem: Ein gewaltiger, vielversprechender Anfang der Kammermusikabende.
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GÖTTINGER TAGEBLATT
Dienstag,den 20.November 1906
Reger-Abend
Abonnenten der Hapke"schen Kammermusik-Abende werden darauf hingewiesen, daß der heutige Reger-Abend der erste ihrer Abonnementsabende ist.
GÖTTINGER TAGEBLATT
20.November 1906
Zweites Künstlerkonzert des Städtischen Orchesters im Stadttheater am Dienstag, den 20. November. Göttingen ist die Stadt, in welcher Max Reger seine Serenade zum ersten Male dirigieren wird. Es dürfte allgemein interessieren, wie diese in Köln bei der Uraufführung von Publikum und Presse aufgenommen worden ist. Dr.Neitzel schreibt: Reger bleibt hier völlig unbeeinflußt von den zäsaristischen Machtgelüsten, welche einen modernen Tonsetzer im Hinblick auf die ihm zur Verfügung stehenden Heerestruppen zu befallen pflegen; er kommt uns diesmal einfach und schlicht... (Fortsetzung siehe Kölnische Zeitung vom 25.10.1906)
Konzertankündigung 20.09.1915 (UA op. 132a)
Konzertankündigung 20.09.1915
Rezension Konzert 20.09.1915
aus "Max Reger in seinen Konzerten" Bd. 2, S. 462:
Rezension Konzert 23.01.1916
Rezension Konzert 23.01.1916
r. Hildburghausen, 24. Januar
Welche Anziehungskraft der Name Reger besitzt, hat der Besuch des gestrigen Konzerts im Stadttheater bewiesen. Mit Ausnahme einiger Stehplätze war das Haus ausverkauft. Freudig wurde der Meister bei seinem Erscheinen begrüßt. Das Konzert begann mit der Violinsonate in c moll op. 139, dem neuesten Werk des unermüdlich schaffenden Komponisten. Sie stellt an das musikalische Verständnis und die Aufnahmefähigkeit des Hörers sehr hohe Anforderungen. Es ist ein tiefgründiges Werk voll verhaltener Leidenschaft, die zuweilen im Hauptthema des ersten Satzes wild auflodert. Sonst ist sein Grund??? ein tiefes, ungestilltes Sehnen, das im Largo den Ton ergreifender Klage annimmt und auch über das köstliche Vivace seine Schatten durch einen eingeschobenen ernsten Zwischensatz breitet. Ganz eigenartig, an wechsel der Stimmung reich, ist der letzte Satz, ein Andantino mit geistreichen Variationen. Dem Komponisten am Klavier stand die Geigerin, Fräulein von Paszthory würdig zur Seite. Es verdient hervorgehoben zu werden, daß sie sich in Regers Gedankenwelt gründlich eingelebt hat und, durch ihr Tempera- ment unterstützt, seiner Kunst eine vorzügliche Interpretin ist. Die Chaconne von Bach, die bis heute als Muster ihrer Gattung unerreicht dasteht und an die künstlerische Intelligenz und technik des Geigers im mehrstimmigen Spiel die höchsten Anforderungen stellt, fand durch fräulein von Paszthory eine des Werkes würdige, glänzende Wiedergabe. Fräulein Angelroth sang mit großem Erfolg Lieder von Wolf, Brahms und Reger. Wir hatten in letzter Zeit öfters die Freude, die Sängerin hier zu hören, da sie ihre Kunst während der Kriegszeit in bereitwilligster Weise in den Dienst der Wohltätigkeit gestellt hat. Wenn ihr auch heitere Lieder ganz besonders zu liegen scheinen, so erzielt sie doch auch mit solchen ernsten Inhalts eine tiefgehende Wirkung. Entzückend gelangen ihr u.a. Maria Wiegenlied und das wunderbar innige "Glückes genug" von Reger, dessen Ausführung der Begleitung aller Lieder schöner und poetischer nicht gedacht werden kann. Was reger in dieser Hinsicht als nachschaffender Künstler leistet, ist auch gestern wieder gebührend bewundert worden. Den Schluß des Konzerts bildeten Regers "Variationen und Fuge" über Mozarts liebliches Thema aus der A-dur-Sonate. Das Werk ist ursprünglich für Orchester geschrieben und vom Komponisten nachträglich für zwei Klaviere bearbeitet worden. Selbstverständlich ist es im Prunkgewand des Orchesters farbenprächtiger, übersichtlicher und von ungleich gewaltigerer Wirkung durch die klanglichen Gegensätze als in der Klavierbearbeitung. Wie schade, daß wir das Urbild nicht kennen gelernt haben! Aber dankbar sind wir dem Komponisten, daß er uns, aufs beste unterstützt von seinem Partner, Herrn Stadtorganist Keller aus Weimar, in einer großartig plastischen Wiedergabe die Bekanntschaft mit seinem neuesten Orchesterwerk vermittelt hat, das aufs neue von der gewaltigen Gestaltungskraft des Meisters Zeugnis ablegt. Möge der begeisterte Beifall am Schluß des Konzerts Herrn Generalmusikdirektor Reger ein Anlaß sein,uns treu zu bleiben.
Quelle:
Dorfzeitung Hildburghausen, 24.01.1916
(aus dem Archiv des Max-Reger-Instituts Karlsruhe)
Anmerkung: Hildburghausen liegt im südlichen Thüringen, im Werratal. In Hildburghausen gründete und leitete Reger drei Jahre einen Chor, war Gastdirigent am Theater und als Musikpädagoge tätig.