1915 - 1919
Band I
Diese Dokumente basieren auf dem 1. Band der Protokolle des Kirchengemeinderats und einem kleinen Konvolut mit Alt-Akten - vor allem mit Briefen von Hermann Keller und einigen anderen Zeugnissen.
Sie folgen der Chronologie, alle Scans sind 2fach vergrößerbar durch Klicks ins Bild.
Zur Frage "Übertragung aus Süterlin in neue deutsche Schreibweise" siehe Vorbemerkung.
Andreas Keller
Protokolle 1896 - 1919
Ziffer oben rechts: 01034
Protokoll
des
Kirchengemeinderats der Markusgemeinde
in Stuttgart
Begonnen am 13. Juli 1896
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In diesem Band sind die KGR-Protokolle enthalten aus den Jahren 1896 bis 1919:
- 1. Sitzung des KGR am 13.07.1896
- 180. Sitzung des KGR am 04.07.1919
Ab Seite 387 folgt ein Stichwort-Inhaltsverzeichnis
Adolf Benzinger + Dezember 1914
Auszug aus dem Protokoll der 152. Sitzung des Kirchengemeinderats am 10.03.1915:
8
Am 20. Dez. wurde von der Kompagnie Prof. Benzinger als gefallen gemeldet. Der Kirchengemeinderat will mit der Besetzung der Stelle noch zuwarten und bittet, daß die Rate des Organistengehalts I. Vierteljahr 1915 noch an Frau Professor Benzinger ausbezahlt wird.
Nachruf Adolf Benzinger
06.04.1915
Quelle:
Akten der Markusgemeinde
Pfr.Reg. III A 15 (Organist)
Brief HK vom 06.04.1915
3 Seiten A5
handschriftlich
06.04.1915
H K
Weimar 6/4 15.
Berkaerstr. 15a
Sehr geehrter Herr Stadtpfarrer!
Erlauben Sie mir, mich mit einer Anfrage an Sie zu wenden: ist über die Nachfolge Benzinger an der Markuskirche schon verfügt, oder wird die Stelle zur öffentlichen Bewerbung ausgeschrieben werden? Ich bin bei einer kurzen Anwesenheit in Stuttgart im Februar so oft gefragt worden, ob ich mich wohl dafür melden würde und der Gedanke liegt für mich als in St. ausgebildeten und bekannten Musiker so nahe, daß ich diese Anfrage schon früher gerichtet hätte, wenn ich nicht einberufen worden wäre. Nun bin ich seit 14 Tagen (ungern wegen zu schwacher Augen) entlassen und wäre Ihnen für eine orientierende Auskunft dankbar. Eine Zeitlang hatte ich die Absicht an Sie die Bitte um Überlassung der Markuskirchenorgel zu einem Konzert fürs Rote Kreuz zu richten, da dieses aber natürlicherweise mit der selben Frage in Zusammenhang gebracht würde, finde ich es richtiger, vorläufig davon abzusehen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
ergebenst
Hermann Keller
Organist und Chordirektor an der Stadtkirche, Lehrer an der Großherzogl. Musikschule.
11.05.1915
Quelle:
Akten der Markusgemeinde
Pfr.Reg. III A 15 (Organist)
Brief HK vom 11.05.1915
1 Seiten A5
Schreibmaschine
11.05.1915
Weimar, den 11. Mai 1915
Sehr verehrter Herr Stadtpfarrer!
Nehmen Sie für Ihren freundlichen Brief besten Dank! Es hat mich sehr gefreut, daß der Kirchengemeinderat meiner Bewerbung näher treten will, und ich sende Ihnen hier einstweilen ein Heft Kritiken, aber ganz abgesehen vom finanziellen wäre es mir unmöglich, meine hiesige vielseitige Tätigkeit nur mit einer Organisten-stelle zu vertauschen, --ich habe daher sofort nach Erhalt Ihres Briefes an Prof. von Pauer geschrieben, und bei ihm angefragt, ob er mir für den Fall einer Annahme zugleich eine Lehrtätigkeit am Konservatorium in Aussicht stellen könne; ist das nicht der Fall, so werde ich leider von einer Bewerbung von vornherein absehen müssen. So bald ich über diesen Punkt Antwort habe, werde ich sie Ihnen mitteilen.
Inzwischen grüsse ich Sie mit vorzüglicher Hochachtung
als Ihr sehr ergebener
Herm. Keller.
Anlage zum Brief vom 11.05.1915
14.05.1915 - 1
Quelle:
Akten der Markusgemeinde
Pfr.Reg. III A 15 (Organist)
Brief HK vom 14.05.1915
1 Seiten A5
Schreibmaschine
auf der Rückseite (auf jeweils A6 hoch) handschriftliche Vermerke
siehe unten
14.05.1915 - 1
Weimar, den 14. Mai 1915,
Sehr verehrter Herr Stadtpfarrer!
Heute traf die Antwort von Prof. Pauer ein, die ich mich beeile Ihnen mitzuteilen: sie lautet leider negativ, am Conservatorium ist alles besetzt, und so muß ich leider die Aussicht, nach Stuttgart und an die Markuskirche zu kommen vorderhand aufgeben, d. h. so lange ich keine Möglichkeit eines befriedigenden Wirkungskreises auch außerhalb der rein organistischen Tätigkeit sehe. Ausserdem steht seit gestern meine Wiedereinberufung zum Militär in Aussicht, so daß ich in gar keinem Fall jetzt schon mich irgendwie verpflichten kann! Bitte teilen Sie das den Herren vom Kirchengemeinderat mit; vielleicht entschließt er sich, die ganze Frage bis Schluß des Krieges zu vertagen, denn alle waffenfähigen Männer scheiden jetzt ja für die Bewerbung ganz aus, und vielleicht ergibt sich dann eine für alle Teile günstigere Constellation!
Mit vorzüglicher Hochachtung
Ihr sehr ergebener
Hermann Keller.
14.05.1915 - 3
Quelle:
Akten der Markusgemeinde
Pfr.Reg. III A 15 (Organist)
15.05.1915
handschriftlich auf der Rückseite von
Brief HK vom 14.05.1915
14.05.1915 - 3
Stuttg. 15. Mai 15
Verehrter Herr Stadtpfarrer!
diese 2 Briefe sind das Ende vom Lied, nachdem die Mutter von Herrn Keller noch selber bei mir war, um sich dringend für ihren Sohn ins Zeug zu legen. Dem Kirchengemrat gegenüber stehe ich jetzt in recht unangenehmer Beleuchtung; Herr Maier vollends wird das ganze für ein abgekartetes Spiel halten. Am liebsten würde ich zunächst dem KGRat blos mitteilen, Herr Keller stehe unerwarteterweise nun doch vor einer neuen Einberufung zum Militär.
Herzl. grüßend
Ihr
ergebenster
G.Gerok
29.05.1915
Quelle:
Akten der Markusgemeinde
Pfr.Reg. III A 15 (Organist)
Brief HK vom 29.05.1915
1 Seiten A4
Schreibmaschine
29.05.1915
Weimar, den 29. Mai 1915.
Sehr geehrter Herr Stadtpfarrer!
Bei Gelegenheit der Anwesenheit meiner Mutter in Weimar haben wir nochmals ausführlich über meine Möglichkeiten einer Bewerbung um die Organistenstelle an der Markuskirche gesprochen und ich habe die Überzeugung gewonnen, daß nur eine mündliche Besprechung zu einer befriedigenden und endgültigen Entscheidung führen kann.
Ich hatte daher eigentlich die Absicht, schon nächste Woche dazu nach Stuttgart zu fahren, aber bei reiflicher Überlegung erscheint mir das jetzt als verfrüht; ich bin zwar bei der Musterung am 20. wieder entlassen, aber nicht ausgemustert worden, und da nur meine hochgradige Kurzsichtigkeit die militärische Nichtverwendbarkeit bedingt, so muß ich vorläufig damit rechnen, vielleicht später doch noch zum sog. Arbeitsdienst eingezogen zu werden, das ist natürlich ein Dienst, zu dem [man] sich nicht freiwillig meldet!
Ich denke aber doch, in den nächsten zwei Monaten darüber Klarheit zu erhalten, und dann persönlich nach Stuttgart zu fahren; bis dahin möcte ich Sie höflichst bitten, die ganze Angelegenheit noch in der Schwebe zu lassen. Meine hiesige Wohnung ist leider erst auf den 1. 4. 1916 kündbar, ich werde sie aber, um ganz freie Hand zu haben in jedem Falle auf diesen Termin kündigen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
und mit ergebensten Grüssen, auch von meiner Mutter
Ihr
Herm. Keller.
handschriftlicher Vermerk unten links:
Herrn Stadtpf. Mayer zur Kenntnisnahme u. R.
G. Gerok
Stg. 31 Mai 15.
15.09.1915 - 1
Quelle:
Akten der Markusgemeinde
Pfr.Reg. III A 15 (Organist)
Brief HK vom 15.09.1915
8 Seiten A5 - Teil I (Seiten 1 - 4)
handschriftlich
15.09.1915 - 1
Weimar, den 15.9.15.
Sehr verehrter Herr Stadtpfarrer!
Auch ohne Ihre freundl. Anfrage hatte ich vor, Ihnen in diesen Tagen zu schreiben. Bez. des klassischen Vereins hat sich noch nichts entschieden ich hoffe aber im Laufe der nächsten Woche darüber Bescheid zu erhalten den ich Ihnen dann sogleich übermitteln werde. Ich glaube aber, es ist gut, nicht mit einer baldigen und zugleich für mich günstigen Entscheidung zu rechnen, sondern mit Ausschaltung dieses Factors die Sache anzugehen, und hoffentlich ! - zum guten Ende zu führen!
Vielleicht mehr als Sie denken, haben sich meine Gedanken mit der Frage meiner Übersiedlung nach Stuttgart beschäftigt, und ich komme immer mehr in eine fatale Ähnlichkeit mit Buridans Esel, der nicht weiß welches Bündel Heu er nun eigentlich will, denn auf die Mitteilung der Sachlage hat mir hier der oberste Geistliche Geheime Kirchenrat D. Spinner, den Titel "Großhzl. Kirchenmusikdirector" in sichere Aussicht gestellt, und die Großhzl. Musikschule hat mir eine wenn auch vorläufig noch gering besoldete feste Anstellung in Aussicht gestellt.
Nun ist aber für mich nicht diese augenblickliche Verbesserung maßgebend, sondern die Erwägung, daß Weimar als kleinere Stadt, in der die ersten Stellungen auf lange hinaus fest besetzt sind, mir trotz dieser Annehmlichkeiten in ein paar Jahren zu eng sein würde, so daß ich dann diesen Schritt doch zu wechseln besser jetzt schon tue.
Die musikalische Leitung des akademischen Liederkranzes in Stuttgart wird mir, nach vertraulichen Mitteilungen, nach dem Krieg wahrscheinlich zufallen und ich halte es für das beste, Ihnen ganz offen Vorschläge zu machen auf Grund dieser ich eine Übersiedlung wagen könnte, ohne allzuviel bei dem Tausch einzubüßen.
Ich würde mir meine Organistenstellung hauptamtlich denken, als den Teil in einer künstlerischen Tätigkeit, der an Zeit und Kraft den Schwerpunkt bildete; ich würde mich also verpflichten (worüber ich schon damals mündlich mit Ihnen sprach), jährlich mindestens 12 (auch mehr) regelmäßige Orgelabende zu geben, ohne Eintritt, nur 20& [Pfennig] für
15.09.1915 - 2
Quelle:
Akten der Markusgemeinde
Pfr.Reg. III A 15 (Organist)
Brief HK vom 15.09.1915
8 Seiten A5 - Teil II (Seiten 5 - 8)
handschriftlich
15.09.1915 - 2
II
Programm und Text; der Ertrag der Programme, nach Abzug von Druckkosten und Bedienung, würde mir als Entschädigung bleiben; also bei etwa 400 Besuchern 80 MK 20-25 = 55 60 MK. Ich würde aber darum bitten, daß ein Mindestbetrag von 50 MK mir aus den musikalischen Mitteln der Kirche jedesmal garantiert wäre.
Ich glaube, Sie könnten diese Garantie ohne Bedenken übernehmen, denn mit gutem Besuch dieser Abende aus der ganzen Stadt könnte man rechnen es gibt ja dergleichen in so vielen Städten, nur in dem musikalischen und kirchlich interessierten Stuttgart nicht!
Meine hiesigen Orgelabende diesen Sommer waren stark besucht (6-900 und mehr), hatten auch künstlerisch sehr erfreulichen Erfolg, - ich erlaube mir, Ihnen Programm etc. mitzusenden.
Natürlich müßte ich unter diesen Umständen auch um eine Erhöhung des Grundgehalts nachsuchen das mit 850 MK ja für nebenamtliche Ausführung gedacht ist. Es wird Sie vielleicht interessieren, eine Entscheidung des Kirchengemeinderats der Mannheimer Christuskirche zu lesen die ich Ihnen im Zeitungsausschnitt beilege. Landmann war vor mir Organist hier an der Stadtkirche und hat jetzt diese Stelle, von 3000 auf 5000 MK stieg auch Stellung.
Noch ein paar andere Städte, deren Organistengehälter mir zufällig bekannt sind, führe ich hier zum Vergleich an:
Chemnitz, Jacobikirche = von 3600 an
Weimar: 1500
Eisenach: 1500, und Zulagen.
Lyk (!): 1500.
etc.
natürlich gibt es auch Orte, die nur ein paar Hundert Mark zahlen!
Ich will aber nicht unbescheiden sein, sondern nur die Weimarer Höhe erreichen oder können Sie das nicht leisten? ---
Was den Chor anbetrifft, so würde ich Wert darauf legen, mit ihm jährlich zwei Konzerte zu geben (vermutlich Bach-Kantaten, denn ich glaube kaum, daß Mezger in der Pauluskirche das fortsetzen wird); vielleicht wäre das eine Form, für den Fall, daß aus diplomatischen Gründen ein sofortiger Übergang nicht möglich wäre.
Ich überlasse es ganz Ihnen, verehrter Herr Stadtpfarrer, diesen Brief dem Kirchengemeinderat vorzulegen, oder ihn als private Mitteilung zu betrachten; bitte schreiben Sie mir aber, was Sie darüber denken.
Mit angelegentlichen Empfehlungen, auch an Herrn Stadtpfarrer Mayer
Ihr sehr ergeb.
Herm. Keller.
19.09.1915
Quelle:
Akten der Markusgemeinde
Pfr.Reg. III A 15 (Organist)
Brief Dr. Sigel an HK vom 19.09.1915
(siehe Schreiben HK vom 23.09.)
19.09.1915
Stuttgart den 19. Sept. 15
Kronenstr. 55
Sehr geehrter Herr Keller!
Auf Ihr Schreiben vom 15. d. M. gebe ich gerne eine Antwort zu erteilen, die Sie leider nicht sehr befriedigen wird. Hofkapellmeister Band hat nach den Ferien seine Tätigkeit als Dirigent sowohl im Hoftheater, als beim Verein für klassische Kirchenmusik wieder aufgenommen. Wie lange er es dieses Mal bei seiner schwankenden Gesundheit treiben wird, steht dahin. Auch darüber ist mir nichts Näheres bekannt, ob er nicht doch auch ins Feld gehen muß; er ist nämlich Reserveoffizier und aus gesundheitlichen Gründen bisher zurückgestellt worden. Da immer noch durchaus unsicher ist, ob es beim Klassischen in absehbarer Zeit einen Dirigentenwechsel gibt, glaube ich Ihnen raten zu sollen, Ihre weiteren Entscheidungen nicht von der Entscheidung abhängig zu machen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Ihr erg.
Dr. Sigel
21.09.1915
Der Vorsitzende macht dem KGR. Mitteilung über die bisherigen Verhandlungen mit Herrn Organist Keller in Weimar. Da derselbe bei einer Übernahme der Organistenstelle zunächst keine bestimmten Nebeneinnahmen hätte, hat er den Gedanken ausgesprochen, jährlich 12 Konzerte zu veranstalten, wobei ihm der KGR. für das Konzert 50 M zu garantieren, außerdem zu seinem Organistengehalt von 700 M zuzufließen hätte. Es ist der Gedanke aufgetaucht, zur Aufbringung dieser Mittel einen Teil der Zinsen als zu Kirchenmusikzwecken bestimmten Deputat zu verwenden, außerdem einen beschränkten Kreis von Gebern zu gewinnen, die auf 5 Jahre einen bestimmten Beitrag zu garantieren hätten. Der KGR ist im Grundsatz hiermit einverstanden + beschließt zur Weiterbehandlung der Sache eine Kommission bestehend aus den beiden Stadtpfarrern + den beiden KGRäten Schütz + Dolmetsch zu ernennen.
23.09.1915
Quelle:
Akten der Markusgemeinde
Pfr.Reg. III A 15 (Organist)
Brief HK vom 23.09.1915
4 Seiten A5
handschriftlich
23.09.1915
Weimar, 23.9.15.
Sehr verehrter Herr Stadtpfarrer!
Vorgestern erhielt ich den bei folgenden Brief von Ministerialrat Dr. Sigel; der Fall, den ich erwartete, ist also eingetreten.
Lassen Sie mich nun noch einmal meinen Standpunkt präzisieren: wenn ich Weimar aufgebe, und das ist nur eine Frage der Zeit und der Gelegenheit, - so wird es sein, um ein großes Orgelamt anzunehmen, das mich auf eine längere Reihe von Anf. an ausfüllen wird. Solche hauptamtlichen Organistenstellen gibt es in Norddeutschland schon eine ganze Reihe, und immer mehr werden nebenamtliche Stellen in hauptamtliche umgewandelt, in der Erkenntnis, daß die Ansprüche, die eine moderne Orgel an seinen Inhaber stellt, so groß sind, daß nur ein Künstler sie beherrschen kann, dass diese Aufgabe den Mittelpunkt seiner künstlerischen und materiellen Existenz bildet. Ich gab im Oktober ein Konzert in der Leipziger Thomaskirche, und hatte dafür neulich Gelegenheit in Leipzig mit einem Schüler Straubes darüber zu sprechen natürlich ohne Beziehung auf Stuttgart -, der mir von zwei anderen Schülern des Leipziger Conserv. erzählte, die nach Breslau gekommen waren, mit einen Gehalt von 1800 bis 4500 MK steigend; nun gibt es in Stuttgart noch keine einzige derartige hauptamtliche Stellung, ich meine aber, daß die Marcuskirche von Benzinger her die künstlerische Verpflichtung hat; wenn sie nicht von der jetzt vergrößerten Leonhardskirche in 2. Linie geschoben werden will?!
Ich glaube, sofern mit dem, was ich Ihnen letzte Woche schrieb, Concissirum gegenüber Nordeutschland gemacht zu haben, weil ich aus menschlich-familiären und anderen Gründen gerne wieder nach Süddeutschland ginge, aber vielleicht könnte jedoch in meinem Fall eine Bresche in die unbeamtlich besoldeten aber von Künstlern versehenen Organistenstellen gelegt werden??
Schreiben Sie mir bitte, wenn Sie Zeugnisse über mich von Straube, Pauer, Lang etc. oder von der Kirchenbehörde hier haben möchten!
Mit guten Hoffnungen
und angelegentl. Empfehlungen
Ihr sehr erg.
Herm. Keller.
26.09.1915
Quelle:
Akten der Markusgemeinde
Pfr.Reg. III A 15 (Organist)
Brief HK vom 26.09.1915
4 Seiten A5
handschriftlich
26.09.1915
Weimar, 26.9.15.
Berkaerstr. 15a
Sehr verehrter Herr Stadtpfarrer!
Empfangen Sie vielen Dank für Ihren letzten Brief mit der wichtigen günstigen Entscheidung, die ich wohl Ihrem tatkräftigen Eintreten für meine Sache verdanke? Ich habe mich sehr darüber gefreut, daß nun doch alle Aussicht ist, daß ich im nächsten Jahr auf der Markuskirchenorgelbank sitzen werde!
Nehmen Sie also bitte meine verpflichtende Zusage, zu den mitgeteilten Bedingungen das Organistenamt anzufangen; daß Sie vorläufig fünf Jahre vorsehen, finde ich eine durchaus angemessene Beschränkung, der ich unbedenklich zustimme. Daß der Chor laut Dienstodnung vom Organisten beansprucht werden kann gibt ja eine leicht und ohne Härte zu handhabende Form des Übergangs.
Wie schon mündlich besprochen, hoffte ich dann zum 1. April 1916 (ev. ein paar Wochen früher) antreten zu können; es besteht aber vorläufig noch die Möglichkeit, daß ich bei der am 4. Oct. stattfindenden Musterung den dauernd Untauglichen als zu irgend einem Zweig noch verwendbar erklärt werde; dann müßte ich also mit der Möglichkeit einer nochmaligen Einberufung rechnen und müßte in diesem Fall an den Kirchengemeinderat die Bitte richten, mit meinem Amtsantritt bis Ende des Kriegs zu warten.
Ich werde Ihnen aber in jedem Fall das Ergebnis dieser Musterung (am 4.10.) umgehend mitteilen.
Inzwischen bin ich
mit angelegentl. Empfehlungen
Ihr sehr erg. und
dankbarer
Herm. Keller.
[Seite 4]
Die "Dienstanweisung" habe ich durchgesehen (was heißt: "bei hohem Tarif üben?"), und sende sie anbei zurück; die Trauungsgebühr ist ja wohl auf 5 MK hinaufgesetzt worden?
[Anmerkungen von Gerok zu 5 MK]
nein G
Herrn Stadtpf Mayer, sowie Herrn #?# ...
Zur gf. Kenntnisnahme, nebst einem früheren Brief, der sich mit meiner Mitteilung des letzten KGRatsbeschlusses gekreuzt hat und jetzt überholt ist.
Hochachtungsvoll
Gerok
Stuttg. 27. Sept. 15.
gel. Mayer
gel. C. Dolmetsch
Anmerkung:
Die "Dienstanweisung" ist unter dem Datum 02.04.1916 gespeichert
05.10.1915
Quelle:
Akten der Markusgemeinde
Pfr.Reg. III A 15 (Organist)
Brief HK vom 05.10.1915
1 Seiten A5
Schreibmaschine
05.10.1915
Weimar, den 5.10.1915.Berkaerstr.15a
Sehr verehrter Herr Stadtpfarrer!
Bei der gestrigen Reichsmusterung habe ich die Entscheidung "garnisonverwendungsfähig" erhalten, zugleich hat man mir aber nahegelegt, mich reclamieren zu lassen; nun hat die Grossherzogl. Musikschule ihre Lehrer schon in den großen Ferien reclamiert, so daß ich, so lange kein größerer Bedarf eintritt, wohl nicht eingezogen werde; aber meine Stuttgarter Hoffnungen werden dadurch eben sehr hinausgeschoben, wenigstens muß ich mit der Möglichkeit rechnen, doch erst nach Kriegsende meine Stellung anzutreten, oder glauben Sie, daß in Stuttgart eine Reclamation für den Marcuskirchenorganisten berücksichtigt würde, oder könne man gar mit einem Garnisonsdienst in Stgt. eine sonntägliche Organistentätigkeit verbinden (allerdings dann vorläufig ohne Konzerte)??
Mit angelegentlichen Empfehlungen
Ihr sehr ergebener
Hermann Keller
18.10.1915
Quelle:
Akten der Markusgemeinde
Pfr.Reg. III A 15 (Organist)
Brief HK vom 18.10.1915
1 Seiten A5
Schreibmaschine
18.10.1915
Weimar, den 18.10.1915.
Berkaerstr.15a
Sehr verehrter Herr Stadtpfarrer!
Letzten Donnerstag habe ich mein erstes Konzert in Leipzig (Thomaskirche) mit sehr erfreulichem Erfolg gegeben; ich erlaube mir, Ihnen ein paar Kritikenauszüge, wie sie von den hiesigen Zeitungen gebracht worden sind, zuzustellen.
In den letzten Tagen habe ich mich mit dem hiesigen Obermusikmeister besprochen, er will mir Unterricht auf dem Althorn geben, (!), was mich dann befähigen soll, im Fall des Garnisondienstes in die Kapelle einzutreten; da ich nun schon halb ausgebildet bin, so könnte ich im Fall einer Wiedereinziehung vielleicht ohne längere Ausbildung gleich zum Musikkorps kommen, was mir dann voraussichtlich genügend freie Zeit ließe, um Sonntags den Organistendienst zu versehen, ja vielleicht sogar, um die geplanten Orgelabende gleich in vollem Umfang aufzunehmen; darüber würde ich mich dann noch ausführlicher beim Stuttgarter Obermusikmeister erkundigen.
Die gegebene Voraussetzung für alle diese Schritte müßte aber natürlich sein, daß meine Stellung, so wie ihr der Kirchengemeinderat grundsätzlich zugestimmt hat, schon in nächster Zeit auf den 1. April 1916 festgelegt werden könnte; es ist dann für uns Zeit, eine Wohnung zu suchen, und meine Frau und ich würden Ende Oct. auf drei Tage nach Stuttgart fahren, um alle beruflichen und familiären Angelegenheiten ins reine zu bringen.
Meine Mutter wäre sicher bereit, sich an der Zeichnung der Garantiesumme mit 100 oder 200 M natürlich ohne Namensnennung zu beteiligen.
Darf ich also vielleicht bis Mitte nächster Woche Ihren freundlichen Bescheid erwarten?
Bis dahin mit angelegentlichen Empfehlungen
Ihr sehr ergebener
Hermann Keller
Anlage zum Brief vom 18.10.1915
17.11.1915
Quelle:
Protokolle der KGR Sitzungen 1896 1919
Seite 322 / 323
Sitzung vom 17.11.1915
TOP 9 + 10
17.11.1915
9.
Mit Organist Keller Weimar hat der Vorsitzende vereinbart, daß derselbe
1) zu seinem Gehalt auf 5 Jahre aus freiwillig gezeichneten Beiträgen eine Zulage von jährlich 700 M erhält,
2) daß er 12 Abendkonzerte zunächst probeweis auf ein Jahr zu geben hat, wofür ihm der KGR. 50 M für den Abend garantiert die Rechnung durchlaufend fürs ganze Jahr, so daß ihm ein etwaiger Jahresüberschuß verbleibt;
3) daß das Verhältnis zum Kirchenchor vorerst dasselbe bleiben soll wie unter Prof. Benzinger.
10.
Der KGR. der Markuskirche wählt zum Nachfolger von Professor Benzinger als Organist an der Kirche in geheimer schriftlicher Abstimmung mit 10 gegen 2 Stimmen den Organisten Keller in Weimar. Organist Keller tritt sein Amt am 1. April 1916 an. Von einem öffentlichen Ausschreiben der Stelle wurde abgesehen.
Anmerkung:
in den Unterlagen findet sich eine undatierte Liste mit Namen & Beträgen, überschrieben mit "Beiträge für den Organisten" - nach dem Brief von HK vom 21.11.1915 gespeichert
21.11.1915
Quelle:
Akten der Markusgemeinde
Pfr.Reg. III A 15 (Organist)
Brief HK vom 21.11.1915
2 Seiten A5
Schreibmaschine
21.11.1915
Weimar, den 21.11.1915.
Berkaerstr.15a
Sehr verehrter Herr Stadtpfarrer!
Gestern, gerade an meinem 30. Geburtstage, kam Ihr freundlicher Brief mit der offciellen Nachricht meiner Bestätigung: Das mag für den neuen Lebensabschnitt ein gutes Omen sein! Ich danke Ihnen auch im Namen meiner Frau herzlich für die freundliche und gütige Art der Aufnahme, die wir beide in Ihrem Hause schon gefunden haben und wenn uns auch jetzt schon der Gedanke an ein Abschiednehmen hier schwer fallen will, dann wird uns all das was uns in Stuttgart erwartet ihn uns leichter machen!
Unsre Wohnungsfrage ist unentschieden wie nur je, denn das Ficksche Haus auf dem Sonnenberg erweist sich, ganz abgesehen von den sonstigen Bedenken, als zu unpraktisch für uns. Ich werde nun wohl Anfang Dezember zwischen zwei Konzerten in Eisenach und Meiningen (am 5. und 10. Dez.) noch einmal nach St. fahren, um endgültig zu mieten; ich will dann auch vorher bei Herrn Zerneck anfragen.
Wenn Sie morgen mit Major Mohl über meinen "Fall" sprechen sollten, so wäre das sehr freundlich von Ihnen. Ich bin hier noch nicht dazu gekommen, das "Althorn" zu lernen; vielleicht kann Herr Mohl auch mit einiger Wahrscheinlichkeit sagen, ob auf meine musikalische Tätigkeit an der Marcuskirche von den Militärbehörden insoweit Rücksicht genommen werden würde, daß ich regelmäßig zu Sonntag und Konzerttagen Urlaub bekäme, und überhaupt darauf rechnen könnte, in irgend einer Eigenschaft in Stuttgart selbst Garnisondienst zu tun? Als was man mich da verwenden könnte außer der Musik, ist mir bei meinen beschränkten militärischen Anlagen noch selbst nicht klar?!---
Wir hatten gestern eine sehr schöne Trauerfeier für die Gefallenen, deren Programm ich entworfen und im musikalischen Teil ausgeführt habe, ich sende es mit, da es Sie vielleicht interessieren wird. Heute spiele ich in Jena, und dann kommen Advent- und Weihnachtskonzerte!
Mit angelegentlichen Empfehlungen meiner Frau an Sie und die Ihrigen, und mit verehrungsvollen Grüssen Ihr ergebener
Herm. Keller.
Beiträge für den Organisten
23.02.1916
Organist Keller bittet um die Erlaubnis, am Palmsonntagabend sein erstes Kirchenkonzert veranstalten zu dürfen. Da der zweite Stadtpfarrer bei der Abendmahlsfeier der 2. Abteilung die Vormittagspredigt hat und es fraglich ist, ob für den Abend ein Stadtpfarrer zu einer Predigt zu gewinnen ist, wird beschlossen, das Konzert mit einer Bachkantate anstelle der 6"Uhr Predigt um diese Zeit halten zu lassen. Die Kosten werden auf die Kirchenmusikkasse übernommen so, daß dem Organisten ein Reingewinn von 50 M verbleibt. Der Eintritt ist unentgeltlich.
Bezüglich der weiteren Konzerte wird noch nichts Näheres beschlossen, vielmehr der Eintritt des Organisten abgewartet.
29.03.1916
1
Begrüßung des neuen Organisten, Herrn Keller.
2
Das erste Konzert des neuen Organisten soll am Palmsonntag, Abend 8 Uhr stattfinden. Abendpredigt findet keine statt. Die Kosten für Solisten übernimmt die Kirchenmusikkasse. Wegen der weiteren Konzerte + sonstiger Einzelheiten wird die bestehende Kommission zu Verhandlungen mit Herrn Keller ermächtigt.
Dienstanweisung - 02.04.1916
24.05.1916
Quelle:
Protokolle der KGR Sitzungen 1896 1919
Seite 329 / 330
Sitzung vom 24.05.1916
TOP 2 + 6 + 8
24.05.1916
2
Mitteilung des Bezirkskommandos I, daß der landsturmpflichtige Organist Keller letztmals bis 31. Juli 1916 vom Waffendienst zurückgestellt ist.
6
Die beiden Abendmusiken von Organist Keller haben einen Fehlbetrag von etwa 100 M ergeben. Es wird beschlossen, denselben aus den Zinsen der Kirchbauvereins zu decken.
8
Organist Keller hat den Wunsch ausgesprochen, daß ein Schüler von ihm, der auf 1. Juli hieherzieht, vom KGR. als sein Stellvertreter anerkannt wird. Da dem Organisten nach 5 seiner Dienstanweisung das Recht zusteht, seinen Stellvertreter selber zu wählen und der KGR. nur die Erlaubnis zur Sache erteilen hat, beschließt der KGR. dem Ersuchen von Herrn Keller stattzugeben. Damit erlischt die Stellvertretung von Herrn Mittelschullehrer Maier, der z. Z. zum Stellvertreter des verst. H. Professor Benzinger gewählt wurde. Der KGR. spricht Herrn Maier seinen wärmsten Dank für die Dienste aus, die er in dieser Eigenschaft der Markusgemeinde geleistet hat.
Pfarrkonvent Januar 1917
Dienstanweisung - 02.04.1916
16.03.1917
6
Dem ins Heer eingezogenen Organisten wird die Zulage von 700 M, die der KGR. der Markusgemeinde zu seinem Gehalt entrichtet, weiter gewährt.
Da sein Stellvertreter Maar keinerlei Belohnung bezieht, beschließt der KGR. in Anbetracht von dessen persönlichen Verhältnissen ihm freiwillig, in jederzeit widerruflicher Weise 50 M vierteljährig zu bewilligen. Für Organistendienste bei Abhaltung von Trauergottesdiensten wird keine Entschädigung gewährt
26.04.1917
5
Da der Stellvertreter von Organist Keller Herr Maar nun auch zum Militärdienst eingezogen ist, hat der im Urlaub anwesende Organist Keller neben Herrn Maar, der von seiner Garnison Ulm ab und zu Urlaub für Sonntag zu erhalten hofft, zu seinem Stellvertreter Herrn Mittelschullehrer Maier bestellt. Der KGR. ist damit einverstanden, legt nur besonderen Wert darauf, daß eine Sicherheit in der Stellvertretung hergestellt ist. Die Kosten der Stellvertretung übernimmt der KGR. für das nächste halbe Jahr und behält sich das Weitere vor. Dabei wird der früher beschlossene Satz zugrunde gelegt, daß für einen Hauptgottesdienst 3 M, für Früh- bzw. Abendgottesdienste 2 M, für Kriegsgebetstunde 2 M 50 berechnet werden. Die Stellvertreter haben selber eine Liste ihrer Leistungen zu führen, die sie dem KGR. einreichen.