1920 - 1938
Band II
Die nachfolgenden Dokumente basieren auf dem 2. Band der Protokolle des Kirchengemeinderats und einem kleinen Konvolut mit Alt-Akten. Sie folgen der Chronologie, alle Scans sind 2fach vergrößerbar durch Klicks ins Bild.
Zur Frage "Übertragung aus Süterlin in neue deutsche Schreibweise" siehe Vorbemerkung.
Andreas Keller
Protokolle 1919 - 1938
Markusgemeinde
Protokoll
des Kirchengemeinderats
Begonnen September 1919
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In diesem Band sind die KGR-Protokolle enthalten aus den Jahren 1919 bis 1938:
- 181. Sitzung des KGR am 24.09.1919
- 319. Sitzung des KGR am 13.11.1938
Ab Seite 401 folgt ein Stichwort-Inhaltsverzeichnis
06.05.1920
8
Betreffs Benutzung der Orgeln in den Kirchen liegt ein Beschluß des engeren Rats vor. Dieser Beschluß untersagt angesichts des Zustandes der Orgel #?# u. besonders der Motoren jede Benutzung durch dritte Personen sowie die Abhaltung von Kirchenkonzerten. Im Kirchengemeinderat der sich bei diesem Beschluß nicht beruhigen [?], #?# im Einvernehmen mit der Beurteilung einer nochmaligen Untersuchung des Orgelwerks durch Sachverständige auf ihre Kosten vornehmen lassen u. dem kleinen Verwaltungsausschuß darüber Bericht erstellen. Bereits vorbereitete Konzerte dürfen abgehalten werden. Was nun die Markuskirche betrifft, so sind vom Organisten Keller für nächsten Winter 5 Konzerte geplant u. die Künstler bereits bestellt, so daß diese Konzerte als vorbereitete zu gelten halten. Die Orgel ist etwas verstimmt, am Motor ist nur eine kleine Beschädigung. Letzteres wird in einem Gutachten der Firma E. F. Walker u. Cie. in Ludwigsburg festgestellt. Der KGR beschließt, Diplomingenieur Hagenmeier Mühlrain 9, als 2. Sachverständigen beizuziehen u. ihn auf Kosten der Kirchenkasse den Motor nochmals untersuchen zu lassen.[Jetzt vorhandene Schäden ist der KGR. bereit, auf seine Kosten reparieren zu lassen.]
Der KGR stellt fest, daß es im Interesse des kirchlichen Lebens sei, wenn auch Aussenstehende durch die Konzerte in der Kirche etwas herangezogen werden. Außerdem habe der KGR. dem Organisten Keller gegenüber bei dessen Anstellung eine Verpflichtung auf sich genommen, dessen Einnahmen durch Einnahmen aus seinen Abonnementskonzerten sich ergänzen zu lassen. Der KGR [wäre] verpflichtet, dem Organisten 500 M Schadenersatz zu leisten, wenn ihm die Abhaltung von Konzerten untersagt würde.
Organist Petersen aus Wiesbaden, der in Gemeinschaft mit Fräulein Meta Diestel wieder ein Konzert in der Kirche halten möchte, wurde angesichts der im 8 erwähnten Umstände an's #?#amt u. an Organist Keller verwiesen. Falls von diesen beiden Seiten kein Einwand gemacht würde, hat auch der KGR gegen die Abhaltung des Konzerts nichts einzuwenden.
09.06.1920
Quelle:
Protokolle der KGR Sitzungen 1919 1938
Seite 24 + 25
Sitzung vom 09.06.1920
TOP 3 + 4
09.06.1920
3
Die Angelegenheit mit dem Konzert Petersen wird in der Weise geregelt werden, daß Herr Petersen bei einem der 5 Keller'schen Konzerte im nächsten Winter die Orgel übernehmen wird.
4
Bezüglich des Orgelmotors der Kirche hat Herr Diplomingenieur Hagenmeier vom 8. Juni das erbetene Gutachten abgegeben. Das Gutachten stellt einen kleinen Motordefekt fest, empfiehlt für künftig die Nicht-Inanspruchnahme des Nebenschluß-Regulators u. einen möglichst langsamen Antrieb des Motors, endlich Abschmirgelung des Kollektors des Motors in einem Zeitraum von 4 Wochen. Auf Grund dieses Gutachtens hat der kleine Verwaltungsausschuß beschlossen, daß der Kollektor des Motors abgedreht werden soll. Auch erhebt sich die Frage, ob der verstärkende Nebenmotor nicht abzubauen wäre. Nach zwei Monaten hat die kirchliche Bauverwaltung nochmals an den #?# Ausschuß zu berichten.
Herr Hagenmeier soll zuvor nochmals zu einer Begutachtung gebeten werden, nachdem sein erstes Gutachten #?# beigebracht hat. Die 50 M Belohnung, die er für sein Gutachten zuzusprechen hat, stiftet er für Amenzwecke der Gemeinde. Der KGR. bestimmt die Summe für eine schwer leidende Frau der Gemeinde.
29.09.1920
8.
Vom Verwaltungsausschuß und engeren Rat wurde eine Dienstanweisung für die Organisten ausgearbeitet; dieselbe wird dem KGR bekannt gegeben. Bei der Besprechung war von einem Antrag wegen Orgelspiels an den Sonntagnachmittagstaufen Abstand genommen. Der für Organist Keller bisher durch Privatzeichnungen aufgebrachte jährl. Gehaltszuschlag von 700 M. ist vom nächsten Jahr ab nicht mehr zu zahlen. Da jedoch noch die Mittel für 1 Jahresrate vorhanden sind, beschließt der KGR:
1.) eine weitere einmalige Jahresrate in Höhe von 700 M. zu bewilligen.
2.) wegen der weiteren Handhabung mit Organist Keller Rücksprache zu nehmen.
Dienstanweisung - 29.09.1920
12.10.1922
Evang. Gesamtkirchengemeinde Stuttgart.
A u s z u g
aus dem
Protokoll des kleinen Verwaltungsausschusses
vom 12. Okt. 1922
S. 343.
Mitglieder:
Normalzahl 11.
Anwesend 10.
235.
Feststellung des Besoldungsdienstalters des Organisten Keller.
Zufolge Beschlusses des Engeren Rats vom 22. September 1922 Prot. S. 102. 46 wurde heute über die Gehaltseinweisung des Organisten Keller beraten. Keller ist 37 Jahre alt und seit 1. April 1916 Organist an der Markuskirche.
Beschluß:
Das Besoldungsdienstalter des Organisten Keller auf 1. April 1916 festzusetzen.
Zur Beglaubigung
Vorsitzender:
Stadtdekan Traube
Stuttgart, den 27. Nov. 1922
Evang. Kirchenpflege
Braun
Dem Markuskirchengemeinderat zur gefl. Kenntnisnahme & Eröffnung an Organist Keller.
gesehen:
Herm. Keller
8.12.22.
19.03.1923
Quelle:
Protokolle der KGR Sitzungen 1919 1938
Seite 90 - 92
Sitzung vom 19.03.1923
TOP 1 + 3
19.03.1923
1.
Bei der Vertretung des nach Amerika beurlaubten Organisten ergaben sich verschiedene Umstände, auf welche die Stellvertreter vom Vorsitzenden aufmerksam gemacht werden sollen.
3.
Neuregelung des Organistendienstes.
Der Vors. gibt verschiedene Beschlüsse des Eng. Rats betr. Kündigung, Wiederanstellung u. Dienstanweisung der Organisten bekannt im Zusammenhang mit einer Darlegung der Folgen für die Organistenfrage an unserer Kirche. Während die meisten hiesigen Gemeinden für die Organistenkosten selber aufzukommen haben, bleibt außer der Stiftskirche auch die unsrige von der Neuregelung unberührt; jedoch muß bei Weiterbenutzung der Orgel zu den Neben- und Jugendgottesdiensten sowohl für Orgelgebrauch als auch für den Organisten eine entsprechende Entschädigung an die Gesamtgemeinde entrichtet werden. Hierüber hat der KGR Beschluß zu fassen. Nach eingehender Erläuterung durch den Vors. u. reger Aussprache wird beschlossen:
1) Die Markusgemeinde bittet gegen Ersatz der Stromkosten für die Jugend- und Nebengottesdienste wie bisher, Orgel u. Organisten verwenden zu dürfen; bei den Bibelstunden wird das Harmonium benützt.
2.) Als Entschädigung werden 100000 M. zum Organistengehalt an die Gesamtgemeinde geleistet aus den der Teilgemeinde zur Verfügung stehenden Opfern.
05.07.1923
1.
b) Zum Organistengehalt: Laut Beschluß des Engeren Rats vom 8.5.23 wird der Gehaltszufluß der Markus- u. Stiftskirchengemeinde zu den Gehältern ihrer Organisten Keller u. Strebel auf je 10% der Gesamtbezüge festgesetzt. Je nach Ablauf eines Kalendervierteljahres werden künftig die an Organist Keller bezahlten Beträge der Teilkirchenpflege mitgeteilt, die darauf 10% derselben an die Gesamtkirchenpflege zu vergüten hat.
02.12.1925
5.
Der Gesamtkirchengemeinderat hat ein Gesuch der Organisten der Stifts- + Markuskirche um Gewährung einer Entschädigung für Ferienstellvertretungskosten mit Hinweis auf die betreffenden Teilgemeinden abgelehnt. Es wird beschlossen, dem Organisten eine solche Entschädigung von 15 M für den Sonntag, zus. für 4 Sonntage 60 M zu gewähren.
10.10.1928
2.
Der Organist, Prof. Dr. Keller, ist durch Geschäftsüberhäufung verhindert, den Kirchenchor weiter zu leiten, + bittet deshalb um Enthebung von diesem Auftrag. Der Kirchenchor hat sich für den bisherigen Stellvertreter Schelling ausgesprochen. Der Kirchengemeinderat beschließt, diesem die Stelle des Chorleiters zu übertragen + ihm rückwirkend vom 1. Juli ab eine Dienstaufwandsentschädigung von 250 M für das Jahr zu gewähren.
21.12.1928
Evang. Stadtdekanatamt - Stuttgart, 21.Dezember 1928.
teilt mit, dass der Verw.Ausschuss am 30. Okt. und der engere Rat am 14. Dezember 1928 auf Antrag des Vereins evang. Organisten Württembergs, Bezirksverein Stuttgart, beschlossen hat, mit Wirkung vom 1. Januar 1929 an folgende Bestimmungen und Gebühren über musikalische Leistungen bei Trauungen festzusetzen:
1.) Besondere musikalische Leistungen von Vereinen oder Solisten bei Trauungen müssen sich dem Rahmen der kirchlichen Feier einfügen und sind dem amtierenden Geistlichen rechtzeitig anzuzeigen.
Ausgeschlossen bleibt:
a) weltliche, insbesondere Opernmusik (z.B. Brautchor aus Lohengrin.)
b) katholische Musik (z.B. Ave Maria).
c) Musik, die ihrem künstlerischen Wesen und Wert nach nicht in die Kirchen gehört (z.B. der Männerchor "Muttersegen"). Auch soll das Lied "dies ist der Tag des Herrn" nicht mehr gesungen werden.
Sind die mitwirkenden Solisten dem Organisten nicht bekannt, so kann er verlangen, dass rechtzeitig eine Verständigungsprobe stattfindet. Gänzlich ungenügende Leistungen kann der Organist abweisen.
2.) Die Gebühren für einfaches Orgelspiel von 3 M-- auf 5 M-- zu erhöhen und für besondere Künstlerische Leistungen die Festsetzung des Honorars der Vereinbarung des Organisten mit den Brautleuten zu überlassen. Jm letzteren Fall wird die Normalgebühr nicht erhoben und der Mesner ist auch nicht verpflichtet, das Honorar für den Organisten einzuziehen.
(gez.) Traub
Dies ist den Organisten und Mesnern unter Ausfolge je einer gleichlautenden Ausfertigung mitzuteilen.
D.O.
26.02.1930
9.
Nachdem der bisherige Leiter des Kirchenchors Schelling zu Studienzwecken nach auswärts gegangen war, hat Prof. Keller die Leitung des Kirchenchors wieder in die Hand genommen. Kirchengemeinderat Schlumberger, der Mitglied des Kirchenchores ist, teilt mit, daß Prof. Keller durch Geschäftsüberhäufung genötigt ist, die Leitung an Reallehrer Koser zu übertragen, für den sich auch der Kirchenchor erklärt hat. Diese Regelung gilt, da Schelling zurückerwartet wird, vorläufig bis 31. März; sie soll bestehen bleiben, falls Schelling nicht zurückkommt.
Der Kirchengemeinderat nimmt Anlaß festzustellen, daß Prof. Keller laut Anstellungsvertrag zugleich Organist + Chordirigent ist, + die anderen Leiter als seine Stellvertreter zu betrachten sind. Er legt Wert darauf, daß ihm von jeder geplanten Veränderung in der Leitung des Kirchenchors offizielle Mitteilung seitens des Chordirgenten gemacht wird. Er wünscht, daß auf 1. April eine möglichst dauernde Regelung der Leitung des Kirchenchors getroffen werde. Der Vorsitzende wird beauftragt, in diesem Sinne mit Prof. Keller Rücksprache zu nehmen.
24.03.1930
Quelle:
Akten der Markusgemeinde
Pfr.Reg. III A 15 (Kirchenchor-Leiter)
Brief HK vom 24.03.1930
2 Seiten A4
Schreibmaschine
24.03.1930
Hermann Keller Stuttgart, den 24.3.1930.
Romingerweg 1
An den Kirchgemeinderat der Markuskirche
zu Händen von Herrn Stadtpfarrer Kneile, Stuttgart.
Betr.: Kirchenchor.
Als der seitherige Dirigent des Kirchenchors, Herr Schelling, im letzten Herbst studienhalber nach Leipzig ging, übernahm ich den Chor wieder, in der Annahme, dass es sich nur um eine begrenzte Zeit bis zur Rückkehr des Herrn Schelling handle. Es ist nun aber eher damit zu rechnen, dass Herr Schelling von Leipzig aus eine hauptamtliche Stellung in Norddeutschland bekommen und jedenfalls den Chor nicht auf die Dauer wieder übernehmen wird. Als ich nun im Januar wegen beruflicher Überlastung dem Chor eine Vertretung in einzelnen Proben vorschlagen musste, war die Stimmung des Chors mehr dafür, nun gleich eine endgültige Lösung und einen Dirigenten zu suchen, der sich dem Chor mehr widmen könnte, als es mir zu meinem Bedauern möglich gewesen war.
Eine solche Persönlichkeit wurde in Herrn Reallehrer K. K o s e r gefunden, der eingeladen wurde, zunächst in einer für alle Teile unverbindlichen Weise bis l. April die Proben zu leiten, worauf dann ein Antrag für eine endgültige Lösung dem K.G.R. zugehen sollte. Da die Probezeit durchaus befriedigend ausgefallen ist, so stelle ich im Einverständnis sowohl mit dem Chor, wie mit Herrn Koser hiermit den Antrag, ihm die Leitung des Chors von l. April ab zu den seitherigen Bedingungen zu übertragen; daß mir eine Art künstlerischer Oberleitung über die Kirchenmusik in der Markuskirche bleiben soll, ist sowohl mein, wie der Wunsch des Chors und seines neuen Dirigenten. Da Herr Koser den Chor seit Januar leitet, bitte ich seine Wahl zu bestätigen und ihm den Gehalt von 1. Januar ab auszuzahlen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Prof. Dr. Hermann Keller
09.04.1930
6.
Prof. Keller schlägt im Einverständnis mit dem Kirchenchor Reallehrer Koser zu seinem Stellvertreter als Chorleiter vor. Dieser hat schon in den letzten Monaten den Chor aushilfsweise geleitet. Der Kirchengemeinderat erklärt sich mit dieser Regelung einverstanden + beschließt die dem Chorleiter bewilligte Dienstaufwandsentschädigung von 400 M ab 1. Januar 1930 dem Reallehrer Koser zuzuwenden.
18.10.1931
1.
Prof. Keller veranstaltet am Adventstag eine Abendmusik (Weihnachtsoratorium von Besenfelder), die im Rundfunk verbreitet werden soll. Da diese Abendmusik nach dem Plan des Rundfunks um 1/2 9 h beendet sein muß, muß sie um 1/2 8 h beginnen. Es wird beschlossen, den Abendgottesdienst ausnahmsweise um 5 h zu halten.
18.01.1933
3.
Es liegt vor die Bitte des Nationalsozialistischen deutschen Männerchors um Überlassung der Markuskirche zur Aufführung des Brahms'schen Requiems in der Osterzeit. Zunächst macht der Vors. darauf aufmerksam, daß in derselben Zeit der Verein für Klass. Kirchenmusik eben dasselbe Werk in der Stiftskirche aufführen wird. Zunächst äußert sich KGR Steinle zu der Sache: Weil sich hier eine Partei der Kirche bedienen wolle, sei hier keine Nachgiebigkeit am Platz; denn praktisch werde eine solche Veranstaltung immer irgendwie politisch aufgefaßt u. ausgewertet. Dem stimmt Frau #?# entschieden zu: überhaupt keine Partei, #?# welcher Richtung, gehöre in die Kirche. Stadtpfarrer #?# betont, daß durch die Aufführung in der Stiftskirche der Stuttgarter Bedarf eigentlich gedeckt sei; so bliebe für die Markuskirche eine Versammlung und ein parteimäßig ausgewähltes Publikum übrig. Zum allermindesten sei der Augenschein ganz unvermeidlich, daß es sich hier um eine Parteiveranstaltung handle. Danach setze sich die Kirche aber in ein schiefes Licht. Niemand werde verhindern können, daß von der Presse die ganze Sache parteipolitisch ausgewertet werde. Was das Tragen von Uniformen betrifft, so könnte jedenfalls von den Hörern hier schwerlich ein Verzicht verlangt werden. KGR Rehm machte dem gegenüber geltend, es sei nicht richtig, den Nationalsozialismus als Partei anzugreifen; daher bitte er, die Kirche für diese durchaus unanstößige Veranstaltung zur Verfügung zu stellen. Die Markuskirche gelte als Konzertkirche, so könne es ganz in Ordnung gefunden werden, wenn dem Chor die Kirche überlassen werde. Stadtpfarrer Sannwald macht geltend, eine Ablehnung werde von nationalsozialistischer Seite kaum verstanden werden; daß gegen den Zusatz der Darbietung sie an sich gar nichts einzuwenden u. man könne schwerlich einen innerhalb der #?# Kreise für eine kirchlich wertvolle Aufführung die Kirche verweigern. K.G.R. Thiele meint, man dürfe doch wohl annehmen, daß der Zweck dieser Veranstaltung letztlich ein geschäftlicher sei, wogegen K.G.R. Rehm sich verwahrt. Dem stimmt Mitglied Schlumberger energisch bei. Stadtpf. #?# betont, daß die Kirche nicht im Zweifel lassen dürfe, daß sie für alle da sei; dieses Anliegen zwinge die Kirche u. U. auch hart zu sein, 2) daß die Auswirkungen dem notwendig irgendein politischer Sinn und der #?# mahnen zur Vorsicht. K.G.R. Rehm macht geltend, die Kirche sei doch nichts anderes als das Kirchenvolk, deshalb dürfe man nicht die Kirchentüren vor ihm zuschließen. Stadtpfr. #?# möchte dem gegenüber einen klaren u. konsequenten Standpunkt vertreten wissen: man dürfe auch nicht einmal den Anschein erwecken, als identifiziere sich die Kirche mit irgendeiner Partei. Stadtpf. Sannwald bittet nocheinmal, den Fall doch seelsorgerlich zu betrachten; es sei psychologisch schwer zu denken, wie eine Absage von dem in Frage kommenden Kreis verstanden werden könne. Pfr. Schuster fragt, ob dann nicht etwa auch ein Gewerkschaftschor zugelassen werden müsse, was in der Konsequenz des Standspunkts der Befürworter des Antrags liegt. Dies bejaht KGR Rehm. Stadtpfr. Weißmann führt aus, zunächst sei er auch der Meinung gewesen, man könne nicht gegen die Überlassung der Kirche für diesen an sich guten Zweck einwenden. Aber man solle bedenken, daß man im Jahre 1930 den Religiösen Sozialisten #?# habe, in unserer Kirche als Auftakt zum 1. Mai einen zugesichert unpolitischen Gottesdienst abzuhalten. Wenn man jetzt den Nationalsozialisten die Kirche einräume, werde sicher die "Tagwacht" auf die Inkonsequenz in der Haltung der Kirche deutlichst hinweisen. Stadtpfr. Sannwald führt aus, die Tatsache, daß man damals die Kirche den Rel. Soz. die Kirche verweigert habe, zwinge ihn, nun doch gegen die Überlassung der Kirche an die jetzigen Bittsteller zu stimmen. Man könne unmöglich mit zweierlei Maß messen. Die Abstimmung ergibt die Ablehnung der Bitte des Nat-Soz. deutschen Männerchors mit 7 gegen 3 Stimmen. Der Vors. betont noch, die ganze Sache sei ganz gewiß nicht leicht zu nehmen; wie man es auch mache, immer riskiere man, mißverstanden zu werden.
17.02.1933
Quelle:
Akten der Markusgemeinde
Pfr.Reg. III A 15 (Kirchenchor-Leiter)
Chronik des Kirchenchores, verfasst von Anton Schwering
5 Seiten A4
Schreibmaschine
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Der Markuskirchenchor (Seine Geschichte)
Die Wirksamkeit des Markuskirchenchors erstreckt sich auf 37 Jahre, mit anderen Worten: Der Chor besteht länger, als die Markuskirche steht. Eine Erklärung hiefür gibt ein Aufschrieb v. 25. Januar 1932, der dem Vorstand Herrn Ebert von dem Ehrenmitglied des Chores Herrn Rektor Heinrich Keitel zur Verfügung gestellt wurde. Diesem Aufschrieb sei folgendes entnommen: Im Jahre 1893 wurde die transportable "Wanderkirche", die vor Erbauung der Friedenskirche in der Schubartstrasse stand, in unsere Gemeinde verbracht und Ecke Heusteigstrasse und Cottagängle, heute Schulhof und Turnhalle der Fangelsbachrealschule erstellt. Sie galt zunächst als Filiale der Leonhardskirche und wurde von den dortigen Stadtpfarrern Gerok und Stahlecker (später Prälat in Ludwigsburg) abwechselungsweise bedient. Organist wurde 1894 Herr Georg Maier; Kantor (Vorsänger) war sein Schwager Heinrich Keitel. Es wurde nur 1 Gottesdienst am Sonntag, und zwar vormittags, abgehalten. Ab und zu, besonders an Festtagen sang Frl. Julie Schulz, Tochter des Kommerzien= und Kirchengemeinderats Schulz, Paulinenstrasse mit ihrem freiwilligen Kinder-Mädchenchor.
Im Jahre 1895 wurde die Parochie "Markuskirche" selbständig. Stadtpfarrer war Herr Gerok. Im gleichen Jahre erfolgt die Gründung des Markuskirchenchores als gemischter Chor. Die Initiative ging von Herrn Georg Maier aus, und die Gründung kam einem stillen Wunsche des Herrn Stadtpfarrers Gerok und seiner Gattin entgegen. Herr Stadtpf. Gerok lud von der Kanzel herab singbegabte Damen und Herren zum Beitritt ein, und zwar mit vollem Erfolg. Der Bericht führt folgende noch lebende erste Mitglieder auf:
1.) Allmendinger, Vereinsbank
2.1 Herrn & Frau Consul Ansmink (Filderstr.59)
3.) Frl. Dietterle (jetzt Frau Mayer, Cottastr. 14)
4.) Frl. Julie Frey
5.) Karl Gehr (jetzt staatl. Bücherrevisor)
6.) Friedr. Illig, Böblingerstr. 31
7.) Herrn und Frau Rektor Keitel
8.) Frl. Mathilde Schäuffele (jetzt Frau Oberrechnungsrat Murrthum/Esslg.
9.) Frau Stange, Calwerstr. 27
Als Verstorbene: Schneidermeister Lautenschlager, Heusteigstr. 27, Obermaschinenmeister Bayer, Christophstr. 4
Bei Einweihung der neuen Markuskirche am Sonntag Lätare 29. März 1908 ging der Organistendienst an Herrn Professor Adolf Benzinger über, auf den nach seinem Heldentod am 4./5.12.1914 Herr Professor Dr. Herrmann Keller folgte. Die künstlerischen Einwirkungen dieser beiden Herren auf die Arbeit des Chors festzustellen sieht sich der Schreiber dieses ausser Stande. Da aber beiden Herren nachgerühmt werden muss, dass zwischen ihnen und dem Chordirigenten Herrn Maier vom ersten Anfang an das beste Einvernehmen bestand (wie es auch heute bei den Herren Keller und Koser der Fall ist), so hat ohne Zweifel der Chor durch die Tätigkeit der beiden Herren gewonnen.
Als ein Organ der Kirche hat sich der Markuskirchenchor s. Zt. gebildet, als ein solches hat er sich allezeit in den 3 Perioden betrachtet, in die sich, vom Standpunkt der Chormitglieder gesehen, die 37 jährige Tätigkeit gliedern läset:
1. Die Periode Georg Maier 1895 - 5. Juni 1926
2. "" Hermann Keller 6. Juni 1926 - 31. Dez. 1929
3. "" Karl Koser vom 1. Januar 1930 ab.
Hierauf wird später noch zurück zu kommen sein.
Diese 3 Zeitläufte stehen unter einem gemeinsamen Zeichen:
Der ernsten, eifrigen Arbeit im Dienste der Gemeinde und der Musica sacra.
Die Arbeit, für die der Organistendienst immer ein wertvollster unterstützender Faktor war, wurde geleistet in stetem Einvernehmen mit den Herren Stadtpfarrern und dem verehrl. Kirchengemeinderat; letzterer ist auch jetzt noch in der Person des Herrn Fritz Schlumberger im Chor vertreten.
Mit Ausnahme der grossen Schulferien hat der Chor jahrein, jahraus seine gesanglichen Darbietungen das ganze Jahr über fortgesetzt. Er beschränkte sich nicht auf die Sonntags-Gesänge beim Gottesdienste (in der Regel alle 2-3 Wochen}, die für die kirchlichen Feste reicher ausgestaltet wurden, manchmal mit Begleitung von Soloinstrumenten und grösserer orchestraler Darbietungen. Auch wirkte er des öfteren bei Luther- und Gustav-Adolf-Feiern der Gesamtkirchengemeinde, bei Feiern des Kirchengesangvereins für Württemberg, regelmässig an den Konfirmationen (wo auch an 2 Gottesdiensten an einem Vormittag gesungen wurde), bei Investituren, Altenfeiern, Gemeindeabenden u.s.w. Neben seiner Tätigkeit im engeren Rahmen des Gottesdienstes wusste der Markuskirchenchor durch seine Konzertdarbietungen sich ein gewisses Ansehen in den musikalischen Kreisen unserer Stadt zu erwerben.
Einer grossen Beliebtheit bei der Gemeinde erfreuten sich die Familienabende des Chors, deren erster schon im Jahre 1897 stattfand. Sie boten neben geistlichem Liedergut auch musikalisch hochwertigen weltlichen Liederstoff und gaben solistischen Chormitgliedern Gelegenheit, die Zuhörer mit gesanglichen und instrumentalen Darbietungen zu erfreuen. Auch harmlose Theaterstücke und Singspiele zierten die Programme, wie denn z.B. in den Jahren 1906-1908 deren 4 aus der Feder von Gustav Schwegelbaur aufgeführt wurden. Diese Familienabende wurden auch von den Herren Stadtpfarrern gern besucht und durch Ansprachen ausgezeichnet. Nach einem solchen wohlgelungenen Familienabend mag es wohl gewesen sein, dass einmal der damalige Herr Stadtdekan und jetzige Prälat Traub, wie Herr Rektor Keitel in seinem Aufschrieb berichtet, in jovialer Weise gesagt haben soll: "Mit Lobgesang fangts an und mit Theater hörts auf. Der lustige Kirchenchor." Wenn es nun auch für die Mitglieder eine Lust war, und bis auf den heutigen Tag geblieben ist, sich im Kirchenchor zu betätigen, so waren doch solche "lustige" Abende vereinzelte Ausnahmen, und die regelmässige Arbeit erforderte eine ernste Hingebung und das Opfer vieler Proben und Extraproben, die natürlich den Zuhörern bei den Aufführungen verborgen blieben.
Neben diesen zwanglosen Familienabenden hatte Georg Maier in den Chor=Ausflügen Gelegenheit für die Mitglieder geschaffen, sich persönlich noch näher kennenzulernen, als es in den der Arbeit gewidmeten Proben der Fall war. Ein Hauptausflug im Mai oder Juni, ein Halbtagesausflug im Frühjahr und Herbst waren besondere Höhepunkte. An diesen Ausflügen, in die fast immer musikalische Darbietungen verflochten wurden, ist bis in die neueste Zeit festgehalten worden, sie bilden für alle Teilnehmer eine wertvolle Erinnerung und eine gewisse Entschädigung für so manches Opfer an Zeit und Mühe, so gern es gebracht wird. Diese Opfer erstreckten sich auch auf Interna des Chors: Trauungen, Sterbefälle, Ständchen u.s.w.
Nicht unerwähnt darf die Tätigkeit des Markuskirchenchors im Weltkriege bleiben. Erfreulicher Weise kann festgestellt werden, dass der Chor auch in dieser für manchen Kirchenchor verhängnisvollen Zeit seine Tätigkeit nicht einzustellen brauchte. Neben seinem regelmässigen Wirken hat er auch Kriegshilfe geleistet, durch wiederholte Aufführungen in der Kirche, in Lazaretten, im Gustav Siegle-Haus.
Das 25 jährige Jubiläum des Chors wurde gefeiert durch eine Festaufführung von Handels "Samson" am Mittwoch 21. Juli 1920 in der Kirche und einen Familienabend am Sonntag 24. Oktober 1920 im Saale des Bürgermuseums, womit neben der Ehrung des hochverdienten Dirigenten auch eine solche von noch mitwirkenden Stamm-Mitgliedern verbunden war.
Noch etwa weitere 6 Jahre sollte sich das Leben des Chors in der seitherigen harmonischen Weise abspielen, als das so überaus schmerzliche Ereignis eintrat, dass nach Gottes Ratschluss den Chor seines geliebten Führers Georg Maier berauben sollte und uns die bitterliche Wahrheit des alten Chorals "Mitten wir im Leben sind von dem Tod umfangen" mit furchtbarer Eindringlichkeit vor Augen stellte. Am Samstag, den 5. Juni 1926 abends war es. Zu einer Extraprobe für eine vom Ev. Kirchengesangverein für Württemberg in der Markuskirche anberaumten Gerhardtfeier war der Chor abends auf der Orgelempore versammelt. Herr Maier stand auf dem Platz des Dirigenten unter dem prächtigen Kruzifix. "Sollt ich meinem Gott nicht singen" sollte geprobt werden. Er hatte den Taktstock erhoben, da sahen die erschreckten Mitglieder, wie der geliebte Dirigent plötzlich zusammensank. Herr Keller eilte sofort ins Stadtpfarrhaus; ärztliche Hilfe wurde herbeigeholt. Herr Prälat Mayer-List (damals noch 1. Stadtpf- unserer Kirche) erschien mit seiner Gattin; man versuchte den vermeintlich nur Bewusstlosen mit Cognac zu laben, allein vergeblich. Der inzwischen eingetroffene Arzt konnte nur einen Herzschlag feststellen. 2 Tage vor seinem 62. Geburtstage war Georg Maier verschieden, an derselben Stelle, wo er so oft seinem Gott hatte singen lassen, und in wortlosem Schmerze stand die Witwe, die sofort herbeigerufen war, an der Leiche ihres Gatten, der sich frohgemut am Nachmittag von ihr verabschiedet hatte. Der Leichenwagen kam vom Pragfriedhof und überführte den Toten Es ging Alles so entsetzlich schnell. So viel Verwirrung, so viele Tränen, so viel Wehklagen hatte die Markuskirche selbst im Kriege nicht erlebt. Und es war eine besondere göttliche Fügung: Wie beim Eingang Georg Maiers in seinen Dienst das Pfarrers-Ehepaar Gerok seiner Chorgründung besonderes Interesse entgegengebracht hatte (vergl. Herrn Rektor Keitels Aufschrieb eingangs ds.), so war jetzt bei seinem Ausgang das Pfarrers-Ehepaar Mayer-List zugegen, daneben Herr Organist Prof. Dr. Keller und Mitglieder seines Chors.
Aber das Leben geht seinen Gang weiter. Am Sonntag Morgen 6. Juni stand der Chor auf seinem Platze, Herr Keller dirigierte und dann begann Herr Stadtpfarrer Mayer-List mit einer Totenklage um den teuren Verstorbenen seine Predigt. Herr Keller behielt die Führung des Chores bei, seine sympathische Persönlichkeit war den Mitgliedern längst vertraut geworden, sie wussten, dass sie den Entschlafenen nicht besser ehren konnten, als dass sie seinem Chor treu bleiben.
So ging die Arbeit des Chores rüstig fort. Manchmal übernahm auch Herr Hermann Schelling, jetzt Organist in Berlin, die Leitung. In der internen Organisation des Chors war inzwischen eine einschneidende Aenderung eingetreten. Für den auch ausserhalb der Kirche vielgeschätzten und in Anspruch genommenen Herrn Keller wäre die Beibehaltung der von Herrn Maier immer mitbesorgten internen Geschäfte des Chors eine zu grosse Last geworden. So wurde eine Trennung vorgenommen: Die gesangliche und künstlerische Leitung behielt Herr Professor Keller bei, die Besorgung der inneren Geschäfte wurde einem Vorstand übertragen. Der seit Jahrzehnten bestehende, aus Damen und Herren des Chores von den Mitgliedern alljährlich neugewählte Ausschuss wurde beibehalten, ebenso blieben die Aemter des Kassiers, des Notenwarts und des Schriftführers bestehen. Erster Vorsitzender wurde das langjährige Chormitglied Oskar Muschwitz, stellvertr. Vorsitzender wurde Herr Carl Ebert.
Mit der Zeit machte sich indessen doch die Notwendigkeit eines Wechsels im Posten des Dirigenten geltend, und durch Vermittlung von Herrn Rektor Keitel und nach Rücksprache und Einvernehmen mit Herrn Prof. Dr. Keller wurde Herr Reallehrer Koser, der bisher den Leonhards- , Stifts- und Hospitalkirchenchor stellvertretend geleitet hatte, bewogen, die Leitung des Markuschors zu übernehmen. Das Protokollbuch verzeichnet am 30. Januar 1930 die Einführung des neuen, zunächst noch stellvertretenden Dirigenten, und am Donnerstag 10. April 1930 die offizielle Uebergabe des Chors an Herrn Koser in Anwesenheit von Herrn Stadtpf- Weismann und Herrn Prof. Dr. Keller. So blieb das Bild des Chors bis zum 7. Oktober 1931. An diesem Tage verschied, schmerzlich bedauert von den Chormitgliedern, Herr Oskar Muschwitz, seit 1914 Mitglied. Nach mehrfacher Krankheit in den letzten Jahren, von der er sich jedoch wieder erholt hatte, musste er sich einer Operation unterziehen, an deren Folgen er sterben sollte. Das Protokoll v. 8. Oktober 1931 verzeichnet den warmen Nachruf des Herrn Ebert im Chor und am 10. Oktober die Bestattung auf dem Waldfriedhof unter zahlreicher Beteiligung des Chors. Herr Ebert widmete dem treuen, verlässlichen Mann warme Worte des Gedenkens.
Somit ist dieser Aufschrieb bei der Gegenwart angelangt. Die letzten Jahre unter Herrn Kosers Leitung haben gezeigt, dass Herr Koser das ihm überkommene Erbe treu verwaltet und bestrebt ist, dasselbe nach besten Kräften zu mehren. Herr Koser hat den Chor zu intensiver, vielleicht manchmal sogar zu intensiver Arbeit angehalten, und die treue Gefolgschaft, die er gefunden (an Klagen über unpünktlichen Probenbesuch fehlt es allerdings zuweilen nicht), beweist, dass es ihm gelungen ist, sich die Herzen der Mitglieder zu gewinnen. Viele neue Noten haben den Weg in den Chor gefunden, auch von der modernen Gesangspädagogik haben die Mitglieder Kostproben bekommen, wenn auch aus den Protokollen hervorgeht, dass der Chor es liebt, nach der Väter Weise im Dienste der Kirche zu Ehren unseres Gottes und Heilandes zu singen, vor denen Frau Musika zurücktreten muss. Der Schatten seines Vorgängers hat unserem Herrn Koser nicht die Sonne freundlicher Zuneigung der Chormitglieder genommen, die er für die freudige Erfüllung seiner freiwillig übernommenen Pflicht gebraucht. Eine gedruckte Satzung hat der Chor niemals besessen, er bestand nach einer ungedruckten Satzung, deren Grundparagraphen man vielleicht so fassen darf:
"Jedes Mitglied soll sich im Markuskirchenchor wohl fühlen."
Dadurch ist der Chor zu seiner jetzigen Bedeutung gediehen, einer sagte es dem anderen, und eins zog das andere mit sich. Wenn der Aufschrieb des Herrn Keitel das ungezwungene herzliche Verhältnis zwischen Dirigent und Chormitgliedern und den letzteren untereinander rühmt, wenn er das Verständnis des Dirigenten für die Wünsche und Bedürfnisse der Chormitglieder hervorhebt, wenn die Gedenkschrift "Zum Andenken an J. Georg Maier" die diesen Zeilen als ergänzendes Lebensbild beiliegt, besagt, dass die Chormitglieder an ihm hingen wie an einem Vater, so ist zu hoffen, dass es auch Herrn Koser vergönnt sein möge, die Früchte seiner Arbeit in gleicher Weise reifen zu sehen, so trüb die jetzigen Zeiten sind.
Dem verehrl. Kirchengemeinderat sei der herzliche Dank des Chors ausgesprochen für die Erlaubnis, das Bild Georg Maiers zu dauerndem Gedenken im Saal unter der Orgel aufzuhängen; ein graviertes Schildchen erläutert die schöne Photographie. Und eine besondere Würdigung verlangt die überaus hingebende Arbeit des Vorstands Ebert. Da sind die mit grösster Sorgfalt geführten Protokolle, die Rechenschaft geben von der grossen Arbeit des Chors und des Ausschusses seit der Wahl Karl Kosers. Auch Programme und Zeitungskritiken sind beigefügt, von seiner allen Mitgliedern unvergesslichen Tätigkeit als Reisemarschall bei den verschiedenen Ausflügen, zeugen die beigefügten Tagesprogramme.
Weiteren Dank gebührt den passiven, die Chorkasse unterstützenden Mitgliedern. Und endlich ein besonderer Dank dem langjährigen treubewährten Kassier Herrn Eugen Müller.
Von einem Verzeichnis aufgeführter Werke sieht der Schreiber ds. ab, es wäre ein kleiner Katalog geworden. Vom schlichten Volkslied bis zur kunstvollen Bach-Kantate und komplizierten modernsten Werken geht die Tätigkeit des Dirigenten mit seinem Chor. Der Vorstand und Ausschuss setzen sich zur Zeit der Abfassung dieses Berichts wie folgt zusammen:
1. Chordirigent Herr Karl Koser
2. Vorstand Herr Karl Ebert
Ausschussmitglieder:
3. Herr Fritz Schlumberger, Vertreter des Kirchengemeinderats
4. Herr Eugen Müller, Kassier
5. Herr Walter Götz, Schriftführer
6. Herr Richard Kuppinger
7. Frau Else Hassepass
8. Frl. Pfeiffer
9. Frl. Beutler, (Stimmführerin im Alt)
10. Frl. Wendel, (Stimmführerin im Sopran)
11. Frl. Essig
12. Herr Fritz Nuber, Notenwart
13. Herr Rektor Keitel, Ehrenmitglied, Vertreter der unterstützenden Mitgl.
Ad multos annos!
Stuttgart, 17. Februar 1933,
Anton Schwering
Im Anschluß an die vorstehenden Ausführungen des treuen Chormitgliedes Herrn Schwering möchte ich als derjenige, der z. Zt. die Ehre und Freude hat, zusammen mit dem Herrn Dirigenten die Arbeit des Chores zu fördern und die Geschicke tragen zu helfen, folgendes ausführen: Herr Schwering gehört dem Chor nun 25 Jahre an. Dank seiner grossen Treue und Pflichterfüllung ist er mit dem Chor so verwachsen, daß man sagen mochte, ohne ihn kann der Chor kaum gedacht werden. Wie zutreffend dieses ist, zeigt sein Bericht, der in seinen Ausführungen neben großer Genauigkeit und Sorgfalt die herzliche Verbindung mit dem Chor erkennen läßt. Dass dabei die nette, liebe ja bisweilen humoristische Art unseres lieben Schwering, dem man den angehenden 70er kaum anmerkt, zum Ausdruck kommt, will mir besonders wertvoll erscheinen. Darum herzlichen Dank!
Bezügl. der Stärke sei noch mitgeteilt, dass wir seit etwa 2 Jahren durchschnittlich 100 Mitglieder haben, von denen allerdings etwa nur 80 allgemein praktisch in der Arbeit stehen. Durch Kurse, Schulen und sonstige berufliche Abhaltungen lässt es sich kaum vermeiden, dass einzelne Chorangehörige oft für kürzere oder längere Zeit fehlen müssen. Auch kommen Erkrankungen u.s.w., so dass allgemein die Zahl auf dem Papier von der Wirklichkeit abweicht.
Karl Ebert
04.10.1933
4.
Unser Organist, Prof. Keller, macht den Vorschlag, daß er selber regelmäßig nur noch zu den Hauptgottesdiensten (mit Abendmahlsfeiern) spiele u. daß sein Schüler Gerh. Buck, Organist an der Ludwig-Hofacker-Kirche, der finanziell nicht eben gut gestellt sei, für ihn ein gut Teil der Früh- bezw., Abend= u. Jugendgottesdienste u. der Trauungen übernehme. Auf diese Art versuche er, Prof. Keller, als Doppelverdiener, Herrn Buck entgegenzukommen. Ferner macht Prof. Keller das Anerbieten, er wolle künftig auf den Ersatz der Stellvertretungskosten im Betrag von 60 M. verzichten. Der KGR. nimmt im Blick auf die derzeitige Finanzlage dieses Anerbieten dankbar an. Ferner wird beschlossen, Prof. Keller mitzuteilen, der KGR sei damit einverstanden, wenn Prof. Keller nach wie vor regelmäßig zu den Hauptgottesdiensten spiele u. einen Teil der übrigen Gottesdienste Herrn Buck übertrage. Weiter nimmt der KGR zur Kenntnis die Erklärung des Chordirigenten Koser, daß dieser grundsätzlich bereit sei, auf sein Dirigentenamt zu Gunsten eines Musikers zu verzichten, der nicht unter die Kategorie der Doppelverdiener falle. Doch ist diese Frage zunächst noch nicht praktisch.
18.12.1933
l. Ev. Stadtpfarramt der Markuskirche. Stuttgart, den 18. Dezember l933.
An das Ev. Stadtdekanatamt.
Betr. Organisten.
1 Beilage.
An der Markuskirche wirken als Organisten Professor Dr Keller, Reallehrer Karl Koser, Organist Schüz und Organist Buck. Koser und Buck in Stellvertretung für Keller, Schüz regelmässig bei den Abendandachten (= Bibelstunden) am Donnerstag. Die Ausfüllung des übersandten Scheines dürfte für keinen der Herren in Betracht kommen: Koser hat einen ähnlichen Schein schon, wie er mir berichtet, abgegeben, Schüz und Buck sind Organisten an der Schloß- bzw. Ludwig Hofackerkirche und melden sich als solche an.
Ich gebe daher den Schein zurück, mit der Bitte um neue Weisung, wenn es anders zu machen wäre.
08.12.1938
Abschrift.
Ev. Oberkirchenrat. Stuttgart, den 8. Dezember 1938.
Nr. A. 11275.
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An das
Ev. Stadtdekanatamt Stuttgart.
Beil.: 10 Mehrfertigungen, 10 Fragebogen.
[handschr. Vermerk:] Herrn Prof. Keller u. R. mit der Bitte, den Fragebogen auszufüllen und mir baldigst zuzustellen. u. Stellung nehmen für Schlußabsatz
Der Verband Ev. Kirchenmusiker Deutschlands, Landesverband Württemberg hat eine Eingabe an den Oberkirchenrat wegen Regelung der dienstlichen Verhältnisse der hauptberuflichen Kirchenmusiker gerichtet. Darin sind mit Bezug auf die Gehaltsverhältnisse folgende Vorschläge enthalten:
"Die hauptberuflichen Kirchenmusiker haben alle ein mehrjähriges Studium an der "Staatlichen Hochschule für Musik" bezw. dem ihr angegliederten "Institut für Kirchenmusik" hinter sich und haben die vorgeschriebene Abschlussprüfung abgelegt. Sie sind demgemäß als den Akademikern mit einfachem Staatsexamen gleichgestellt anzusehen und deshalb gehaltlich in die Gruppe 4 b der württ. Besoldungsordnung einzureihen.
Die Kirchenmusikerstellen in Württemberg, soweit sie für Berufskirchenmusiker in Frage kommen, lassen sich in 3 Klassen einteilen:
1) die wenigen gehobenen Stellen in den 3 grossen Städten des Landes: Stuttgart (Stiftskirche), Ulm (Münster), Heilbronn (Kilianskirche), zusammen 3 (z. Z. alle von Berufskirchenmusikern besetzt).
2) Weitere wichtige Kirchenmusikerstellen des Landes mit grösserem Dienstumfang und einem mit ihnen verbundenen besonderen Auftrag (meist Kreisarbeit). Diese Stellen sind in Stuttgart: Friedenskirche, Hospital-, Johannes-, Leonhards-, Markuskirche (hier z. Z. besondere Regelung), Pauluskirche (z. Z. geteilter Dienst); ferner: Aalen, Biberach, Calw, Cannstatt Stadtkirche, Ehingen, Esslingen, Freudenstadt, Schwäb. Hall, Heidenheim, Ludwigsburg-Stadtkirche, Reutlingen, Tübingen.
Im wesentlichen besteht also diese Klasse aus den Stellen unserer Kreisobmänner im Kirchenmusiker- und Kirchenchorverband; von den 18 Stellen dieser Klasse sind z. Z. 10 durch Berufskirchenmusiker besetzt.
3) Als 3. Gruppe ergeben sich die sonstigen grösseren Stellen des Landes, also vor allem die Kirchenmusikerstellen der Dekanats- und Kreisstädte, die nach Maßgabe der vorhandenen ausgebildeten Kräfte allmählich durch Berufskirchenmusiker besetzt werden könnten. Z. Z. ist letzteres allerdings nur der Fall bei 7 Stellen: Gaildorf, Giengen a. Br., Stuttgart-Feuerbach, Paul-Gerhardtkirche, Rosenbergkirche, Stuttgart-Untertürkheim und Stuttgart-Zuffenhausen.
Wir hielten es nun für wünschenswert, dass die Inhaber der 3 Stellen der 1. Klasse die Besoldungsgruppe 4b ganz durchlaufen.
Bei den Inhabern der 2. Klasse ist jeweils der prozentuale Umfang der Beschäftigung festzustellen, der sich wohl meist zwischen 50 und 80% bewegen dürfte. Der für die betreffende Stelle festgestellte Prozentsatz wird dann als Gehalt ausbezahlt. Die Aufrückungsmöglichkeit in der Gruppe 4b könnte evtl. beschränkt werden auf die vorletzte 7. Stufe mit Grundgehalt 7200.- RM.
Ob bei den Inhabern von Stellen der 3. Gruppe eine beamtenrechtliche Anstellung seitens der Landeskirche in Frage kommen kann, müsste von Fall zu Fall geprüft werden. Sollte es nicht möglich sein, so müssten Mittel und Wege gefunden werden, diesen Kirchenmusikern trotzdem ein Existenzminimum von wenigstens 150 - 200.- RM im Monat zu sichern. Den Kirchenmusikern dieser 3. Gruppe steht dann die Möglichkeit offen, in die Stellen der Klasse 2 aufzurücken, sowie hier Stellen frei werden.
Das zuständige Stadtpfarramt wird um Ausfüllung der Anlage und Mitteilung hieher ersucht, wie die Gehaltsverhältnisse für den Organisten an der Markuskirche geregelt sind.
Eine Stellungnahme zu den Vorschlägen des Kirchenmusikerverbands wird anheimgegeben.
I.V. (gez.) Müller.
Beglaubigt Sekretariat:
Veigand
I. Evang. Stadtpfarramt der Markus-Kirche
eröffnet o. R.
Evang. Stadtdekanatamt
Lang
Stuttgart, 14.12.1938.
1 Beilage u. R.