Texte zur Biographie

Texte zur Biographie - Inhalt

==> Johanna Erbacher-Binder: Vortrag (Moskau März 2007 - Orgelkongress)
==> Hans-Arnold Metzger: Kommentare zum Werkverzeichnis (1965)
==> Informationen zum Beginn des ARD-Wettbewerbs München (1952)
==> Gratulationen zum 75. und 80. Geburtstag (1960 / 1965)
==> Nachrufe (1967)

Vortrag Johanna Erbacher-Brandt

Hermann Keller
ein begnadeter Organist, Wissenschaftler, Lehrer und Organisator
Das sicherste Mittel zu langweilen ist ALLES zu sagen.
Und weil ich Sie nicht langweilen will, beschränke ich mich auf nur zwei Aspekte.

Zum einen: die Musikerpersönlichkeit Hermann Keller, sein Werdegang und seine Bedeutung für die musikalischen Bildungsstätten Stuttgarts einschließlich der Musikhochschule
Zum zweiten: ein kurzer historischer Abriss über die Musikhochschule Stuttgart

Die Musikerpersönlichkeit Hermann Keller:
Hermann Keller war Musikwissenschaftler, Pianist und Orgelvirtuose von internationalem Rang, Pädagoge, Autor und Herausgeber von Noten und Schrifttum. Im Nachruf zu Hermann Kellers Tod im August 1967 er war von einem Auto angefahren worden und erholte sich danach nicht wieder schreibt Günter Hauswald in der Zeitschrift Musica:
"Der gebürtige Stuttgarter gehörte zu den markantesten Persönlichkeiten des deutschen Musiklebens."

Sein Werdegang:
Hermann Keller wurde als Sohn des Architekten Heinrich Keller am 20. November 1885 in Stuttgart geboren. Nach meinem Einleitungssatz wird Hermann Keller besser mit seinen eigenen unnachahmlichen Worten fortfahren: "Ich bezog nach dem Maturum im Herbst 1903 die Technische Hochschule in Stuttgart, gab aber den Gedanken an die Musik nicht auf. Nach dem Tod meines Vaters ging ich nach München und nahm dort Privatunterricht bei Max Reger, der damals noch ein simpler "Herr Max Reger" war, ohne Titel und Anstellung, aber viel von sich reden machte. Seine Musik galt als schwierig und schwer verständlich, und ich meinte, wenn ich das begriffen hätte, würde ich keine Schwierigkeiten als Komponist mehr haben. Reger war freundlich zu mir, ermunterte mich, die Musik als Lebensberuf zu ergreifen, ja, er nahm mich auf Konzertreisen mit, wo ich mit ihm seine Werke für zwei Klaviere spielen durfte."

Keller an anderer Stelle weiter:
..."Ich ging, als Reger nach Leipzig übersiedelte, nach Stuttgart zurück, trieb aber meine Klavierstudien weiter bei Max Pauer, Orgel bei Heinrich Lang" über beide später mehr - Keller weiter:
"Im Jahr 1910 war (nach fünfjähriger Pause) wieder der internationale Rubinstein-Wettbewerb für Pianisten und Komponisten, [wobei die Komponisten] ihre Klavierwerke selbst zu spielen hatten. Er war in St. Petersburg. Ich fuhr mit meinem Freund Walter Georgii hin, lernte Glazunow und Leonid Kreutzer kennen, spielte eine eigene symphonische Phantasie für Klavier und Orchester, ein Trio und sechs Klavierstücke, errang aber keinen Preis. Ich sah, dass ich zu wenig konnte, und ging noch ein Jahr nach Leipzig, wo das altberühmte Konservatorium gerade eine neue Blüte erlebte. Ich war in Komposition natürlich wieder bei Reger [und] in Orgel bei dem genialen Organisten der Thomaskirche, Karl Straube, in Klavier bei Robert Teichmüller [...]. Im Gewandhaus, zu dessen Hauptproben wir Zutritt hatten, dirigierte Artur Nikisch, der vergötterte, angebetete Liebling des Publikums. [...].
In der Thomaskirche genossen wir die Motetten man konnte aus dem Vollen schöpfen!
[Danach ging ich] nach Weimar als Organist der Herderkirche und Lehrer an der Großherzoglichen Musikschule. Diese Jahre bis zum Ausbruch des Kriegs 1914 waren wohl die unbeschwertesten und sorglosesten meines Lebens.
Weimar, eine Kleinstadt, hatte das Kunstleben einer Großstadt. ---
Dann aber fuhr wie ein Donnerschlag der Krieg in diese Idylle und machte einem ganzen Zeitalter, ja dem ganzen bürgerlichen Jahrhundert ein jähes Ende." Auch Zitat Ende ---

Nach dem plötzlichen Tod Max Regers 1916 verließ Hermann Keller Weimar. Keller folgte einem Ruf seiner Heimatstadt Stuttgart an die Markuskirche, um die Nachfolge des im Krieg gefallenen, damals bedeutenden Organisten und Pianisten Adolf Benzinger anzutreten. Die 1907 im Jugendstil erbaute Markuskirche war gerade einige Jahre alt. Walcker hatte ihre Orgel nach allerneuesten Erkenntnissen erbaut,(55 Register, 10 Transmissionen), Sie war das erste Instrument in Württemberg mit elektropneumatischer Traktur.
Doch Kellers Glück währte nur kurz: auch er wurde zum Kriegsdienst gezogen.
"Nach dem Krieg suchte man" - so Keller wieder wörtlich - "einen geistigen Neubeginn. In der Musik bedeutete das - eine Abkehr von der bis dahin dominierenden klassisch-romantischen Musik, eine Wendung nach rückwärts und nach vorne. Man entdeckte die alte Musik. Insbesondere die Musik von Heinrich Schütz, die so lange in den Bibliotheken geschlummert hatte. Die Schönheit der alten Barockorgeln wurde neu gesehen und die Fabrikorgeln des 19. Jahrhunderts verurteilt. Es gab eine Singbewegung, eine Orgelbewegung, eine liturgische Bewegung, von hohem Idealismus getragen." So weit Keller.

Der mittlerweile gesuchte Konzertorganist unternimmt Konzertreisen durch europäische Länder, nach den USA und nach Japan.

Hermann Kellers Bedeutung für die musikalischen Bildungsstätten Stuttgarts einschließlich der Musikhochschule
1919 folgt Hermann Keller einem Ruf als Dozent für Musikgeschichte und Musiktheorie an die Technische Hochschule Stuttgart und
1920 wird er Lehrer für Orgel und Tonsatz am Konservatorium, das
1921 zur "Württembergischen Hochschule für Musik" angehoben wurde.
Über den Werdegang der Musikhochschule später mehr...

1924 wird Keller an der Universität Tübingen mit der Dissertation über "Die musikalische Artikulation, besonders bei Johann Sebastian Bach" promoviert. Danach beginnt eine umfangreiche musikwissenschaftliche und editorische Tätigkeit mit dem Schwerpunkt der Herausgabe von Bachs Orgelwerken bei Peters.

1928 1933, dem Jahr von Hitlers Machtergreifung, leitete Keller die Abteilung für evangelische Kirchenmusik und für Schulmusik, letztere wurde 1926 schon von Wilhelm Kempff eingerichtet. Keller konnte die von Arnold Strebel, dem damaligen Stiftskirchen-Organisten, begonnene "Kirchliche Orgelschule Stuttgart" der Musikhochschule eingliedern. Hermann Keller hat sie nach eigenen Vorstellungen, die auch für andere Institute vorbildlich wurden, ausgebaut.

1935 übernimmt Keller den Vorsitz des württembergischen Bachvereins und wird zugleich Vorstandsmitglied der Internationalen Bach-Gesellschaft. In diesem Jahr feierte man das 250. Bach-Händel-Jahr, in dem Keller als Wissenschaftler und Pädagoge 30 Abend-Vorlesungen veröffentlicht.

Weiter mit Kellers eigenen Worten:
"Für mich war es eine zweite glückliche, fruchtbare Zeit. Ich war Dozent an zwei Hochschulen, meine Abendmusiken in der Markuskirche hatten eine große Zuhörerschaft, dazu kamen Vorlesungen an Volkshochschulen, die in diesen Jahren gegründet wurden und aufblühten, ich war Mitarbeiter des Bärenreiterverlags, bei dem ich Neuausgaben alter Musik und anderes herausbrachte, ich hatte vier Söhne, ein reiches geselliges Leben.
All das wurde in Frage gestellt, teilweise zerstört, als Hitler die Macht übernahm [...]. Ich musste mein Amt als Leiter der Abteilung für Schulmusik niederlegen, meine Frau starb, von meinen vier Söhnen fielen drei im zweiten Weltkrieg, der vierte wurde schwer kriegsbeschädigt. - Doch ich konnte einen neuen Hausstand gründen und habe wieder vier Kinder, mit denen ich "ein Concert instrumentaliter (leider nicht vokaliter) formieren kann". Soweit Keller.

Nach dem Krieg: Umsturz oder Wiederaufbau?
In der fürchterlichen Situation unmittelbar nach dem Krieg hatte Stuttgart in Hermann Keller eine wichtige Integrationsfigur. Keller lebte im Dritten Reich, der Hitler-Diktatur, im Bundesland, in dem die Strömung der "Bekennenden Kirche" sehr ausgeprägt war. Deren Mitglieder waren verfolgt und mit dem Tod bedroht Kirche im Widerstand - . So war Hermann Keller deshalb nach dem Krieg politisch nicht belastet.
Und er erhielt von den amerikanischen Besatzungsbehörden bereits zum Wintersemester 1945/46 die Genehmigung zur Leitung und Wiedereröffnung der Stuttgarter Musikhochschule.

Eine seiner ersten Berufungen ins Lehramt an die Musikhochschule galt meinem Mentor und Lehrer Hans Grischkat. Aus der Jugendbewegung hervorgegangen setzte er sich hauptsächlich für Bachs Chorwerke ein. Und wer den großen Einfluss dieser beiden Bach-Enthusiasten Keller/Grischkat auf ganze Studenten-Generationen bedenkt, wird sich nicht wundern, dass der Sitz der Internationalen Bachakademie heute in Stuttgart beheimatet ist.
Übrigens einer von Kellers Söhnen, Andreas Keller, führt heute als Intendant die Internationale Bach-Akademie.

Hermann Kellers hoch geschätztes Verhandlungsgeschick half ihm die Berufskollegen zur Zusammenarbeit und Solidarität zu bewegen. Deshalb gelang ihm 1949 die Neugründung des 1933 aufgelösten Tonkünstlerverbandes. Er wuchs unter seinem Vorsitz zur mitgliederstärksten Musikerorganisation heran. Seine Schwerpunkte sind:
Fortbildung, Schülerwettbewerbe, Notenbibliothek, Vorträge über fachliche und berufspolitische Fragen, also auch Kontaktpflege mit Behörden und Ministerien.
Verbandsarbeit war für Hermann Keller Herzenssache!

Zum 50-jährigen Bestehen des Tonkünstlerverbandes Baden-Württemberg schreibt der künstlerische Leiter der "Internationalen Bach-Akademie, Helmuth Rilling: "Ich unterstütze seine wichtigen Zielsetzungen. Seinen Gründungsmitgliedern, vor allem Hermann Keller, verdanke ich richtungweisende Förderung und Anregung. Hier wurde der Boden bereitet, auf dem die Internationale Bachakademie Stuttgart entstehen und sich entwickeln konnte."

An der Gründung der Hochschule für Kirchenmusik, heute in Tübingen, früher Esslingen bei Stuttgart, war Hermann Keller maßgeblich beteiligt. Ihr Stammvater Hans Arnold Metzger (Leipziger Schule), führte gleichzeitig die Abteilung für evangelische Kirchenmusik in Stuttgart.

Hermann Kellers Anstoß folgend existiert bis heute einer der wichtigsten Internationalen Musikwettbewerbe: der ARD-Wettbewerb in München.

Die gemeinsame Geschichte von Hermann Keller und jene der Musikhochschule sind nach den ersten Kriegsjahren untrennbar miteinander verknüpft, so dass es mir geraten scheint, an dieser Stelle einen Schnitt zu machen.

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Es folgt nun ein kurzer
Historischer Abriss der Musikhochschule Stuttgart
Herzog Carl Eugen
hatte 1770 ein "Militärisches Waisenhaus", ein in italienischer Sprache: "Conservatorio", auf Schloss Solitude, eingerichtet. Dieses ist eng mit Friedrich Schillers Jugendzeit verknüpft.
Die Solitude liegt auf einem Höhenzug etwa 8 km westlich von den beiden Stuttgarter Schlössern, auf dem die "Hohe Carls-Schule" als herzogliche Akademie hervorgegangen ist. Obwohl diesem Herzog ein geradezu unstillbarer Drang nach Soldatentum nachgesagt wird, überrascht, dass gerade er Schüler von Carl Philipp Emanuel Bach gewesen war. Wir verdanken ihm die sechs "Württembergischen Sonaten" für Cembalo. Carl Eugen führte sodann auch seine Hofmusik zu einer zwar kurzen, aber doch erstaunlichen Blüte.
Bedeutende Künstler wie Niccolo Jommelli, Jean George Noverre, Pietro Nardini und Antonio Lollli standen im Brot des Herzogs.
Er richtete an seinen beiden Residenzen, in Ludwigsburg und Stuttgart, Akademien für Musik und Theater ein, in denen der Nachwuchs für Oper, Ballett und Konzert seine Ausbildung erfuhr. Sie gehören für wenige Jahre zu den ersten Musikstädten Europas. Doch der Glanz hielt nicht lange. So schildert Leopold Mozart im Reisebericht von 1763 den Untergang jener Epoche drastisch: Skurrile Kunstbegeisterung und Despotie, Musikleidenschaft und Militarismus, musikalische Pädagogik und Sklavenhalterei.
Die bürgerliche Musikkultur begann für Stuttgart und Ludwigsburg nicht im Schloss, sie begann im Kerker auf der Festung Hohenasperg mit den revolutionären Bekenntnissen eines Friedrich Daniel Schubart.
Außer ihm gab es genug Persönlichkeiten und Ereignisse, die deutlich machen, dass die Musikpflege der Stadt nicht ins Provinzielle absank. Namen wie Franz Danzi, Nepomuk Hummel, Carl Maria von Weber, der zwölfjährige Franz Liszt, Niccolo Paganini, Clara Schumann, Hector Berlioz und viele andere lebten in der Stadt oder gastierten am Hoftheater und in Stuttgarts Konzertsälen.
1871 weilte Frédéric Chopin in Stuttgart, wo ihn die Nachricht von der Kapitulation Warschaus vor den Truppen Napoleons erreicht. Sein "Stuttgarter Tagebuch" und seine "Revolutionsetüde" verbinden auch seine Biographie mit Stuttgart.
Eine Klavierfabrik nach der anderen entsteht. Mit dem Bau der Liederhallte 1863 fand die Musikbegeisterung für Geselligkeit und Kunst ihren festlichen Ort. Die Kirchenmusik blühte aus romantischem Geist. Seit der Aufführung der Bachschen "Matthäus-Passion" am 22. April 1845 bekannte sich auch Stuttgarts Konzertpublikum zur Bach-Renaissance.

Die Gründung der Stuttgarter Musikhochschule rückt näher:
Im "Töpferschen Institut" waren 1837 nach mehreren Vorläufen der Versuche unternommen worden, den Musikunterricht schulisch zu organisieren. Dieses Institut bestand 20 Jahre lang.

Danach gründeten 1857 Sigmund Leber (ursprünglich Levi) aus Ludwigsburg zusammen mit Immanuel Faißt aus Esslingen die Stuttgarter Musikschule. Lebert hatte in Prag studiert. Er sah wie seine Lehrer Vaclav Jan Tomásek und Joseph Proksch im Klavier das zentrale Musikinstrument der Musikerziehung. Immanuel Faißt kam aus der württembergischen Kirchen- und Chormusiktradition.

Er leitete danach die Schule 43 Jahre lang bis zu seinem Tod 1894. Sein Nachfolger wurde der in Rotterdam geborenen Samuel de Lange. Dieser war ein Orgelvirtuose von europäischem Ruf. Hermann Keller erinnert sich: "Er war ein fruchtbarer Komponist, streng konservativ, trocken, dies auch in seinen Aufführungen im Verein für klassische Kirchenmusik; bei denen wir Konservatoristen im Chor mitsangen aber ein Charakterkopf und als Lehrer tolerant gegen Kunstauffassungen." (Zitat Ende).

Der starke Zuspruch aus Großbritannien, Amerika, aus der Schweiz und Russland, spricht für den Ruf der Anstalt. De Lange ist zu verdanken, dass mit Max Pauer eine Persönlichkeit gewonnen werden konnte, durch die sich das Ansehen der Schule enorm steigerte. Der geniale Pianist (gestorben 1945) kam 1897 von London über Köln nach Stuttgart, wo er eine Meisterklasse für Klavier übernahm.

Der König adelte ihn. Er leitete von 1908 an bis 1924 die Schule. In diese Zeit fällt der Umzug vom "Landhaus" des Grafen Eberhard im Bart in der Langestraße 51 in die Villa Schönlein am Urbansplatz. Als 1911 die Gesamtzahl der Schüler die 700-Marke überstiegen hatte, reichten die alten Räume nicht mehr aus. Im neuen Domizil standen 30 Räume zur Verfügung, die einen ungestörten Unterricht garantierten. Der schlossähnliche Bau lag auf halber Höhe an einem der schönsten Plätze der Stadt mit weitem Blick in den Talkessel. Ein hinzu gebauter Konzertsaal wurde zur gern besuchten Stätte der öffentlichen Musikpflege.

Max von Pauer setzte sich vehement für die Umwandlung des Konservatoriums in eine Hochschule ein, weil er dieses für ein Volk, das, wie er meinte, die größten Tonsetzer aller Zeiten hervorgebracht habe, als Ehrenpflicht verstanden hat. Hören wir Max von Pauer zu seinen pädagogischen Idealen selbst: "In erster Linie stand die Bildung des Klangbewusstseins, die Pflege des Notenlesens und schreibens in Verbindung mit grundlegender Akkordlehre und rhythmischen Übungen. Erst später, fast nebensächlich, wurde an das Spiel herangetreten." Soweit Max von Pauer.
Am Anfang der Ausbildung stand die Elementarklasse, die er einrichtete und liebevoll, gemeinsam mit jungen Lehrern und Lehrerinnen betreute.
Endlich erntete Max von Pauer 1921 den Lohn für seine zielstrebigen Bemühungen: Der Staat bewilligte die Erhebung des Konservatoriums in den Rang einer Hochschule, die "Württembergische Hochschule für Musik". Dies hatte zur Folge, dass eine Opern- und eine Orchesterklasse eingerichtet wurden. Außerdem wurde die Abteilung der Künstler von jener der Dilettanten getrennt. Für die Studierenden sind halbjährlich durchgeführte Prüfungen zur Pflicht geworden. Auf Max von Pauer ist zurückzuführen, dass die Stuttgarter Musikhochschule von Anfang an den Schwerpunkt auf die Ausbildung von Pianisten legt. Das ist heute noch immer erkennbar.

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Kommen wir von den 20-er Jahren in die Zeit des "Dritten Reichs", die Zeit der Hitler-Diktatur:

1938 wurde die städtische Hochschule verstaatlicht. Damit übernahm das Kultministerium zum Einen die quälenden Finanzsorgen, zum Anderen aber brachte die Verstaatlich die so genannte "Gleichschaltung" mit sich, was die völlige politische Unterwerfung gegenüber der Nazi-Diktatur bedeutete. Nur wenige Lehrer, vorwiegend wohl mehr oder weniger linientreue, wurden verbeamtet und somit unkündbar auf Lebenszeit.

1944 brannte das Gebäude nach einem Luftangriff völlig aus. Im selben Jahr fand Hermann Erpf, Direktor und Theorielehrer, einen Ausweichplatz in Trossingen. Gelegen in ländlicher Idylle im Niemandsland zwischen Schwarzwald und Bodensee. Dort wähnte man sich vor weiterer Bombendrohung einigermaßen sicher. Die in Trossingen ansässige Firma Hohner, bekannt hauptsächlich wegen ihrer Akkordeons, half nach Kräften.

1945/46 betrieb in Stuttgart, wie bereits schon erwähnt, Hermann Keller als Direktor der Hochschule ihren räumlichen und personellen Wiederaufbau. Man unterrichtete auch unter den härtesten Bedingungen die, aus dem Krieg, teils erst nach jahrelanger Gefangenschaft heimgekehrten, zermürbten Studenten, meistens noch in Privatwohnungen.

1952 wurde, als Nachfolger des inzwischen emeritierten Hermann Keller, wieder Hermann Erpf zum Direktor ernannt.

Die evangelische Kirchenmusik in Stuttgart nahm in glücklicher Symbiose von Musikhochschule und der Stiftskirche einen ungeahnten Aufschwung. Er war mit Namen wie: Hans Arnold Metzger, Karl Gerock sowie meinem Orgellehrer Herbert Liedecke eng verbunden. Anton Nowakowski betreute die katholische Kirchenmusikabteilung.
Den Ruf der Hochschule mehrte auch Johann Nepomuk David, der aus Leipzig gekommen war. Der über drei Jahrzehnte lang die Komponistenklasse wie auch den Tonsatzunterricht geprägt hat.

Erst im Wintersemester 1955/56 konnte auf dem alten Hochschulgelände in Der Urbahnstraße ein völliger Neubau bezogen werden. Er galt als der modernste in der Bundesrepublik. Die neu geschaffenen räumlichen und Akustischen Bedingungen führten nicht zur zahlenmäßig zu einem sprunghaften Aufschwung der Hochschule.

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Alles zu sagen? Das erledigt sich schon von selber, weil meine Redezeit abläuft. Ein Lichtblick weist ins INTERNET. Die "Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart" präsentiert sich dort mit einer umfassenden "Geschichte der Musikhochschule". Derzeit feiert sie ihr 150-jähriges Jubiläum. Nehmen Sie deshalb bitte mit meinen fragmentarischen Andeutungen vorlieb.

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Am 25 Januar 2002 war die Schlüsselübergabe zur Einweihung des neuen Hochschulgebäudes an der Kulturmeile Stuttgarts. Gegenüber der "Staatsoper, zwischen dem "Haus der Geschichte" und der "Staatsgalerie" findet die "Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst" ihr neues Zuhause.

An dieser Stelle sind nur einige wenige Nahmen zu erwähnen, die in der langen Hochschultradition von außerordentlicher Bedeutung waren:
Die Pianisten Hans von Besele, Wilhelm Kempff (Direktor 1924-29), Wladimir Horbowski (übrigens ein russischer Großfürst), Jürgen Uhde, Arno Erfurt, Paul Buck, Oleg Meisenberg, jetzt: André Marchand.
Die Komponisten Johann Nepomuk David, Hugo Distler, Hermann Reutter, Helmut Lachenmann.
Die Geiger Alfred Löwenguth, Riccardo Odnoposoff, Die Cellisten Ludwig Hölscher und Maurice Gendron
Quartette: Wendling-Quartett (Carl Wendling war Direktor von 1929-40), und das Melos-Quartett.
Für Organisten unvergesslich: Walter Supper, mein unermüdlich sich mühender Orgelkundelehrer.

Ich bin noch lange nicht am Ende, mache aber Schluss.

Ihr Interesse vorausgesetzt, können Sie sich mit einem Werkverzeichnis Hermann Kellers hier bedienen. Hans Arnold Metzger hat es zu Kellers 80. Geburtstag zusammengetragen.

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Den Rang und die Aktualität von Hermann Kellers Ausgaben ich erinnere nur an die Generalbassschule, an die Schule der Choralimprovisation oder des Klassischen Triospiels, über "Phrasierung und Artikulation" einzuschätzen, heißt: Sich mit der Gedankenwelt Kellers vertraut zu machen. Man ist vor Überraschungen seiner, einerseits pragmatischen, andererseits visionären Geistesblitze nie gefeit. Bis heute!

Schließen möchte ich mit einem Bon-Mot einer der zahlreichen Keller-Schüler, meinem Liturgik-Dozenten Eberhard Weismann:
"In unserem K e l l e r (=padwal) lag ein guter Wein, mundgerecht, spritzig, aber auch bodenständig und vom Neckar befeuchtet".
(Der Neckar ist die Stuttgarter Variante zur Moskwa).

Ich danke Ihnen.

Gehalten beim Internationalen Orgelkongress in Moskau März 2007

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Hans Arnold Metzger

Bekenntnis im Lebenswerk
Hermann Keller zum 80. Geburtstag
Liste der Veröffentlichungen

Vorbemerkung zur Veröffentlichung auf der Website: die jeweiligen Aufsätze, Ausgaben etc. sind (im Gegensatz zur Veröffentlichung in Musica) nicht hier notiert, sondern in der Artikel- und Werkübersicht zu finden. AK

Musikwissenschaftliche Arbeiten
Bald nach dem ersten Weltkrieg trat der damals noch wenig bekannte Stuttgarter Markusorganist Straube- und Regerschüler, Aspirant des Doktorgrads der Musikwissenschaft mit ersten, für die damalige Zeit bedeutsamen musikwissenschaftlichen Arbeiten hervor, unter denen die Dissertation über "die musikalische Artikulation" als ein wirklich erstrangiger und bahnbrechender Forschungsbeitrag hervorragt. Überblickt man die nachstehende Zusammenstellung, so bewundert man, wie Hermann Keller neben seiner reichen Konzert-Tätigkeit und seiner lebenslang wahrgenommenen pädagogischen Wirksamkeit ein so großes
Kapital an Zeit in der schriftstellerischen Arbeit investiert hat. Denn allein die großen Monographien über J.S.Bachs Orgel- und Klavierwerke stellen ja wahre Lebenswerke dar, und in der Neufassung der Dissertation von 1925 aus dem Jahr 1954 jetzt unter dem Titel "Phrasierung und Artikulation" findet sich eine Summa musikästhetischer Erkenntnisse und Erfahrungen, wie sie in solch imponierender Geschlossenheit und Klarheit nur selten dargelegt worden sind.
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Ausgaben musikalischer Werke
Nur ein wach in der jeweils zeitgenössischen Musikanschauung stehender und sie mitformender Geist wie der Hermann Kellers ist einer solchen Breite wohlbegründeter und durch Jahre gereifter Aussagen fähig. Und seine vielleicht größte und fast einmalige Begabung war es, jeweils zu erkennen, was der
Zeit not tut. [...] Um den auch hier sichtbar werdenden Radius der Interessensgebiete zu verstehen, muss darauf hingewiesen werden, dass Hermann Keller ein großer Orgelspieler geworden ist, weil er durch einen Unfall daran gehindert wurde, sein ursprüngliches Ziel, das des Klavier-Virtuosen, zu erreichen. Man wird seine geheime tiefste Liebe zum Klavier immer wieder durchbrochen sehen von der Mitarbeit an den Urtext-Ausgaben der Klavierwerke J.S. Bachs über die hervorragende Scarlatti-Ausgabe bis zu der noch im vorgerückten Alter begonnenen Chopin-Ausgabe. Dass dennoch bei einem so großen Orgelpädagogen naturgemäß die Ausgaben für das Hauptinstrument seines Lebens das Übergewicht behalten haben, wissen wir alle wohl. Und darunter sind ja einige, ohne die sich eine Organistenexistenz heute fast nicht denken lässt. Ich hebe hervor die Auswahl aus den Orgelwerken Dietrich Buxtehudes nicht ohne ein kritisches Fragezeichen den Interpretations-Hilfen wie Tempo-Fixierungen, Artikulationsbezeichnungen und manchmal auch den Applikaturen gegenüber. Geplant ist [...] eine reine Urtext-Ausgabe, um solcher Kritik ein Ende zu bereiten. Ferner sind als besonders verdienstvoll zu nennen:
Lübecks Orgelwerke, die geschickte und ein abgerundetes Bild vermittelnde Frescobaldi-Auswahlausgabe in zwei Bänden und die so hilfreichen, anregenden
Beiden Bach-Bände "Das Orgelbüchlein" und "Orgelchoräle manualiter". Hier die vollständige Reihe der Werkausgaben, zu denen generell zu bemerken ist, dass sie fast ausnahmslos mit hervorragenden historischen und praktischen Einführungen und sorgfältigen textkritischen Anmerkungen versehen sind, in denen einmal mehr der "Kenner von derlei Arbeit" und hervorragende Pädagoge erkannt werden mag.
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Orgelwerke
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Lehrwerke für die Orgel
Schulwerke gehören zu den vergänglichsten Produkten auch bei den größten Pädagogen:
Die Spieltechnik gewinnt von [...] Generation zu Generation neue Aspekte. Die stilistischen Voraussetzungen wechseln ebenso. [...] Die Kellerschen Schulwerke sind von diesem der Gattung
Anhaftenden Gesetz nicht ausgenommen, werden aber bei phantasievollem Gebrauch in der Hand guter Lehrer die Trioschule auch in der Hand des Orgel-Adepten immer noch wesentliche Anregungen auch in unserer heute veränderten Lage vermitteln:
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Klavierwerke
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Sonstige Ausgaben
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Eigene Kompositionen
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Vermischte Aufsätze
Bekenntnisse mutige und Weg weisende stellen in besonderer Weise die ungezählten Einzelaufsätze aus seiner Feder dar, von denen wir einen gerade greifbaren Teil nachstehend nennen wollen. [.. aus der Rolle des Chronisten]:
Wir sind der guten Hoffnung dass die Zusammenstellung dieses subjektivsten Teils des Lebenswerks von Hermann Keller auch künftige Zeiten im Gespräch halten
möge....
Wir sind uns dessen wohl bewusst, dass wir die bunte Palette der Forschungs- und Interessensgebiete Hermann Kellers in diesen Aufzeichnungen über sein Schaffen nur andeuten konnten.[...] Aber die schon rein zahlenmäßig imponierende Zahl der vielfältigen Veröffentlichungen begründet einen Anspruch auf ein abschließendes Wort herzlichster Dankbarkeit [..]
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Hans Arnold Metzger

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Bayerrischer Rundfunk München

Informationen in Bezug auf den Beginn des ARD-Rundfunk-Wettbewerbs
(auf Anregung von Hermann Keller...)

Quelle: Archiv des BR München

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